Die
ersten
Jahrzehnte
des
neuen
Kaiserreichs
waren
innen-
wie
außenpolitisch
in
hohem
Maße
von
der
Person
Bismarcks
geprägt.
Dabei
zerfällt
die
Zeit
zwischen
1871
und
1889
deutlich
in zwei Phasen: Von 1871 bis 1878/79 arbeitete Bismarck vornehmlich mit den Liberalen zusammen. In der folgenden Zeit dominierten die Konservativen und das Zentrum.
Liberale Ära bis 1878
Angesichts
des
Verfassungskonflikts
der
sechziger
Jahre
in
Preußen
ist
es
auf
den
ersten
Blick
verwunderlich,
dass
Otto
von
Bismarck
bereits
während
des
Bestehens
des
Norddeutschen
Bundes
und
in
den
ersten
Jahren
des
Kaiserreichs
politisch
mit
den
Liberalen
eng
zusammenarbeitete.
Ein
zentraler
Grund
dafür
waren
die
Mehrheitsverhältnisse
im
Reichstag,
in
dem
die
Liberalen
eine
starke
Mehrheit
hatten.
Die
Nationalliberalen
allein
hatten
1871
125
von
382
Sitzen.
Rechnet
man
die
Abgeordneten
der
Liberalen
Reichspartei
und
der
Fortschrittspartei
hinzu,
hatte
der
Liberalismus
die
absolute
Mehrheit;
diese
wurde
meist
noch
durch
die
Freikonservativen
verstärkt.
Nach
der
Reichstagswahl
von
1874
besaßen
die
Liberalen
allein
mit
204
von
397
Abgeordneten
die
absolute
Mehrheit.
Gegen
sie
konnte
der
Reichskanzler
kaum
regieren
–
und
mit
den
Konservativen
hätte
er
bei
anderen
Mehrheitsverhältnissen
wohl
auch
nicht
regieren können: Sie verweigerten sich der Politik Bismarcks und das Zentrum fiel spätestens mit Beginn des Kulturkampfs als mögliches Gegengewicht aus.
Erleichtert wurde die Politik der Reichsgründungsphase durch die boomende Entwicklung vieler Wirtschaftszweige, was zur gesellschaftlichen Akzeptanz liberaler Reformen beitrug.
Innen- und rechtspolitische Reformen
Die
eigentlichen
Partner
Bismarcks
waren
die
Nationalliberalen
unter
Rudolf
von
Bennigsen.
Diese
waren
zwar
in
vielen
Punkten
kompromissbereit,
ihnen
gelang
es
aber
auch,
zentrale
liberale
Reformvorhaben
durchzusetzen.
Erleichtert
wurde
die
Zusammenarbeit
durch
liberale
Beamte
wie
den
Chef
des
Reichskanzleramts
Rudolph
von
Delbrück
oder
den
preußischen
Finanzminister
Otto
von
Camphausen
sowie
den
Kultusminister
Adalbert
Falk.
Der
Schwerpunkt
der
Reformen
war
die
Liberalisierung
der
Wirtschaft.
So
wurden
in
allen
Bundesstaaten
Gewerbefreiheit
und
Freizügigkeit
eingeführt,
sofern
sie
noch
nicht
bestanden.
Im
Sinne
des
Freihandels
liefen
die
letzten
Schutzzölle
für
Eisenwaren
aus.
Ein
Marken-
und
Urheberschutz
sowie
ein
einheitliches
Patentgesetz
wurden
eingeführt.
Erleichtert
wurde
auch
die
Gründung
von
Aktiengesellschaften.
Außerdem
wurden
Maße
und
Gewichte
normiert
und
die
Währung
vereinheitlicht:
1873
wurde
die
Mark
(später
‚Goldmark‘
genannt)
eingeführt.
1875
wurde
die
Reichsbank
als
zentrale
Notenbank
gegründet.
Ein
weiterer
Schwerpunkt
war
der
Ausbau
des
Rechtsstaates,
dessen
Grundlagen
teilweise
bis
in
die
Gegenwart
Bestand
haben.
Zu
nennen
ist
das
in
Grundzügen
heute
noch
geltende,
wenn
auch
vielfach
novellierte
Reichsstrafgesetzbuch
von
1871.
Dieses
ähnelt stark dem Strafgesetzbuch des Norddeutschen Bundes vom 31. Mai 1870.
Meilensteine
waren
die
Reichsjustizgesetze
von
1877,
namentlich
das
Gerichtsverfassungsgesetz,
die
Strafprozessordnung,
die
Zivilprozessordnung,
die
ebenfalls
inhaltlich
verändert
heute
noch
in
Kraft
sind,
sowie
die
Konkursordnung.
Durch
das
Gerichtsverfassungsgesetz
wurde
1878
das
Reichsgericht
als
höchstes
deutsches
Straf-
und
Zivilgericht
eingeführt.
Ein
einheitlicher
oberster
deutscher
Gerichtshof,
der
auch
das
bestehende
Reichsoberhandelsgericht
ablöste,
trug
zur
rechtlichen
Vereinheitlichung
des
Reiches
stark
bei.
Daneben
gelang
es
der
liberalen
Mehrheit
auch,
die
Zuständigkeiten
des
Reichstages
in
Fragen
des
Zivilrechts
auszuweiten.
War
das
Parlament
im
Norddeutschen
Bund
nur
für
zivilrechtliche
Fragen
mit
wirtschaftlichem
Hintergrund
zuständig,
wurde
auf
Antrag
der
nationalliberalen
Reichstagsabgeordneten
Johannes
von
Miquel
und
Eduard
Lasker
die
Zuständigkeit
1873
auf
das
gesamte
Zivil-
und
Prozessrecht
ausgeweitet.
In
der
Folge
entstand
das
1896
beschlossene
und
am
1.
Januar
1900
in
Kraft
getretene
Bürgerliche
Gesetzbuch
als
bis heute geltende Privatrechtskodifikation.
Allerdings
mussten
die
Liberalen
im
Bereich
der
Prozessordnung
und
der
Pressegesetzgebung
weitreichende
Kompromisse
hinnehmen,
die
von
einem
Teil
der
Linksliberalen
nicht
mitgetragen
wurden.
Eine
Mehrheit
kam
1876
nur
mit
Hilfe
der
Konservativen
zustande.
Da
auch
im
preußischen
Abgeordnetenhaus
eine
liberale
bis
gemäßigt
konservative
Mehrheit
vorhanden
war,
kam
es
auch
im
größten
Bundesstaat
zu
politischen
Reformen.
Dazu
zählt
etwa
die
preußische
Kreisordnung
von
1872,
die
auch
die
Reste
ständischer
Herrschaftsrechte
beseitigte.
Das
drohende
Scheitern
am
Widerstand
des
preußischen
Herrenhauses
konnte
freilich
nur
durch
einen
„Pairsschub“
(also
die
Ernennung
neuer
politisch
genehmer
Mitglieder)
gebrochen werden.
Kulturkampf
Die
Zusammenarbeit
zwischen
Liberalen
und
Bismarck
funktionierte
nicht
nur
bei
der
Reformpolitik,
sondern
auch
im
sogenannten
Kulturkampf
gegen
die
Katholiken
und
die
Zentrumspartei.
Die
Ursachen
lagen
strukturell
im
Gegensatz
zwischen
dem
säkularen
Staat,
der
immer
mehr
Regelungskompetenzen
beanspruchte,
und
einer
Amtskirche,
die
sich
im
Zeichen
des
Ultramontanismus
der
Moderne
in
allen
ihren
Ausprägungen
entgegenstellte
(„Antimodernismus“).
Die
Enzyklika
Quanta
Cura
von
1864
mit
ihrem
Syllabus
errorum
war
eine
klare
Absage
an
die
Moderne.
Für
die
katholische
Kirche
repräsentierte
der
Liberalismus
als
Erbe
der
Aufklärung
und
als
Träger
der
Modernisierung
den
Gegensatz
ihrer
eigenen
Positionen.
Für
die
Liberalen
ihrerseits
war
das
Papsttum
mit
seiner
Ablehnung
jeglicher
Veränderungen
ein
Relikt
des
Mittelalters.
Bismarck
hatte
verschiedene
Gründe
für
den
Kulturkampf.
Zum
Beispiel
verdächtigte
er
den
Klerus,
die
polnische
Bewegung
in
den
preußischen
Ostprovinzen
zu
fördern.
Auch
er
wollte
grundsätzlich
nicht,
dass
die
staatliche
Autorität
und
die
Einheit
des
Reiches
durch
andere
ältere
Mächte
eingeschränkt
werden
könnten.
Innenpolitisch
ging
es
ihm
auch
darum,
die
Liberalen
durch
die
Umlenkung
der
politischen
Debatte
von
weiteren
innenpolitischen
Reformvorhaben
abzubringen.
Die
Auseinandersetzung
zwischen
modernem
Staat
und
ultramontaner
Kirche
war
ein
gemeineuropäisches
Phänomen.
Auch
in
deutschen
Staaten
wie
Baden
(Badischer
Kulturkampf)
und
Bayern
hatte
es
bereits
in
den
1860er
Jahren
einen
Kulturkampf
gegeben.
Die
katholischen
Bischöfe
in
Deutschland
haben
die
päpstliche
Kritik
an
der
Moderne
meist
nicht
offensiv
verfolgt,
auch
gab
es
seit
1866
keine
katholische
Fraktion
mehr
im
preußischen
Abgeordnetenhaus.
Vielmehr
hat
sich
der
Mainzer
Bischof
Wilhelm Emmanuel von Ketteler 1866 für eine Anerkennung der kleindeutschen Lösung ausgesprochen.
In
der
Anfangsphase
ab
1871
ging
es
Liberalen
und
Regierung
darum,
den
staatlichen
Einfluss
zu
verstärken.
Das
Strafgesetzbuch
wurde
um
den
sogenannten
„Kanzelparagraphen“
erweitert,
der
die
politische
Betätigung
von
Geistlichen
einschränken
sollte.
Der
als
ultramontane
‚Speerspitze‘
geltende
Jesuitenorden
wurde
verboten.
Außerdem
wurde
in
Preußen
die staatliche Schulaufsicht eingeführt.
In
einer
zweiten
Phase
etwa
ab
1873
griff
der
Staat
nunmehr
direkt
in
den
Innenbereich
der
Kirche
ein,
indem
etwa
die
Priesterausbildung
oder
die
Besetzung
kirchlicher
Ämter
staatlicher
Kontrolle
unterworfen
wurden.
In
einem
dritten
Schritt
folgten
ab
1874
weitere
Gesetze
wie
die
Einführung
der
Zivilehe.
Reine
Repressionsinstrumente
waren
ein
Expatriierungsgesetz
vom
Mai
1874,
das
es
erlaubte,
den
Aufenthalt
von
unbotmäßigen
Geistlichen
zu
beschränken
oder
sie
notfalls
auszuweisen.
Das
sogenannte
Brotkorbgesetz
sperrte
der
Kirche
alle
staatlichen
Zuwendungen.
Im
Mai
wurden
alle
Klostergemeinschaften
aufgelöst, sofern sie sich nicht ausschließlich der Krankenpflege widmeten.
Eine
Folge
der
Kulturkampfgesetze
war,
dass
in
der
Mitte
der
1870er
Jahre
viele
Pfarrstellen
vakant
waren,
keine
kirchlichen
Handlungen
mehr
stattfanden,
Bischöfe
verhaftet,
abgesetzt
oder
ausgewiesen
waren.
Aber
die
Regierungsmaßnahmen
und
die
Forderungen
der
Liberalen
führten
innerhalb
des
katholischen
Deutschlands
rasch
zu
Gegenreaktionen
und
zu
einer
breiten
politischen
Mobilisierung.
Die
noch
vor
dem
eigentlichen
Beginn
des
Kulturkampfes
gegründete
Zentrumspartei
zog
rasch
einen Großteil der katholischen Wähler an sich.
Grenzen der Zusammenarbeit
Bismarck
und
die
Liberalen
stimmten
nicht
in
allen
Punkten
überein.
So
scheiterte
etwa
der
Versuch
von
Nationalliberalen
und
Fortschrittspartei,
die
verschiedenen
Städteordnungen
zu
vereinheitlichen,
auch
an
der
mangelnden
Unterstützung
durch
den
Reichskanzler.
Vorerst
am
Einspruch
Bismarcks
war
zunächst
auch
eine
Finanzreform
gescheitert.
Ein
Dauerproblem
blieb
der
Militäretat.
Anfangs
konnte
man
den
Konflikt
noch
vor
sich
herschieben,
aber
spätestens
1874
stand
er
wieder
an.
Während
die
Regierung
und
insbesondere
Kriegsminister
Albrecht
von
Roon
eine
Dauerbewilligung
des
Etats
(Aeternat)
verlangte,
beharrten
die
Liberalen
auf
einem
jährlichen
Bewilligungsrecht.
Ein
Nachgeben
hätte
den
Verzicht
auf
eine
Mitgestaltung
von
etwa
achtzig
Prozent
des
Gesamtetats
bedeutet.
Die
Auseinandersetzung
endete
mit
einem
Kompromiss
–
der
Bewilligung
für
sieben
Jahre
(Septennat).
Immerhin
blieb
es
bei
der
Regelung
der
Militärstärke
durch
Gesetz,
allerdings
über
einen
recht
langen
Zeitraum
gestreckt.
Ferner
konnten
sich
die
Liberalen
nicht
durchsetzen
beim
Beamtenrecht,
beim
Militärstrafrecht und mit der Forderung nach Schwurgerichten bei Pressevergehen.
Den
Liberalen
war
es
in
der
ersten
Hälfte
der
1870er
Jahre
durchaus
gelungen,
in
einer
Reihe
von
Politikfeldern
ihre
Handschrift
erkennen
zu
lassen,
allerdings
war
dies
nur
durch
Kompromisse
mit
Bismarck
möglich.
Nicht
selten
war
der
Machterhalt
wichtiger
als
die
Durchsetzung
liberaler
Prinzipien.
Auch
intern
gab
es
Kritik
etwa
an
den
Ausnahmegesetzen
des
Kulturkampfes.
Insbesondere
gelang
es
nicht,
die
Rechte
des
Parlaments
zu
stärken.
Dies
führte
innerhalb
des
liberalen
Lagers
zu
Spannungen
und
zur
Enttäuschung
bei
einigen
Wählergruppen.
Zudem
war
mit
dem
Zentrum
eine
neue
politische
Richtung
entstanden.
Seither
konnten
die
Liberalen
nicht
mehr
beanspruchen,
die
eigentliche
Vertretung
des
gesamten
Volkes
zu
sein.
Bismarck
gelang
es
in
den
frühen
1870er
Jahren,
die
Staatsmacht
zu
stärken.
Allerdings
führte
das
Bündnis
mit
den
Liberalen
dazu,
dass
auch
die
Regierung
Zugeständnisse
machen musste und der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Modernisierung Vorschub leistete.
Gründerjahre und Gründerkrise 1873
Schon
kurz
nach
der
Reichsgründung
erfolgte
ein
Wirtschaftsaufschwung,
die
sogenannten
Gründerjahre
begannen.
An
diese
schloss
sich
mit
dem
„Gründerkrach“
eine
wirtschaftliche
Depression
an.
Als
Ursachen
für
den
Aufschwung
gelten
mehrere
Faktoren:
Der
Handel
innerhalb
der
Reichsgrenzen
wurde
stark
vereinfacht.
Erstmals
in
der
Reichsgeschichte
wurde
ein
einheitlicher
Binnenmarkt
geschaffen.
Die
behindernden
Landeszölle
entfielen.
Ein
einheitliches
metrisches
Maßsystem
wurde
Ende
1872
eingeführt.
Eine
durch
Kriegserfolg
und
Reichsgründung
ausgelöste
allgemeine
Aufbruchstimmung
führte
zu
einem
enormen
Investitionsanstieg
und
Bauboom.
Die
sehr
hohen
Reparationszahlungen
Frankreichs
finanzierten
ebenfalls maßgeblich die Gründerzeit.
Schon
1872
übertrumpfte
das
Deutsche
Reich
das
durch
den
Krieg
geschwächte
Frankreich
als
Industriemacht.
Von
etwa
1873
bis
etwa
1879
folgte
die
sogenannte
Gründerkrise.
Sie
wurde
allgemein
bewusst
ab
der
Berliner
Börsenpanik
im
Oktober
1873
(der
Wiener
Börsenkrach
am
9.
Mai
1873
gilt
als
ein
Vorbote).
Zunächst
fiel
die
Industrieproduktion
leicht;
dann
stagnierte
sie.
Die
Wirtschaftskrise
war
eine
Folge
überhitzter
Spekulationen,
eine
Folge
von
sinkender
Nachfrage
und
von
Überkapazitäten,
die
in
den
Aufschwungjahren
aufgebaut
worden
waren.
Die
unterschiedlichen
Branchen
litten
in
unterschiedlichen
Phasen
und
unterschiedlich
stark
unter
der
Krise.
Besonders
betroffen
waren
Montanindustrie,
Maschinenbau
und
Baugewerbe;
die
Konsumgüterindustrie litt weniger.
Viele
Güterpreise,
Gewinne
und
Löhne
fielen
beträchtlich.
Die
Landwirtschaft
geriet
Mitte
der
1870er
Jahre
in
die
Krise.
Hier
spielten
vor
allem
strukturelle
Gründe
und
das
Entstehen
eines
Weltgetreidemarktes eine Rolle. In direkter Konkurrenz mit Russland und den USA waren deutsche Getreide bald selbst auf dem Binnenmarkt zu teuer.
Eine
langfristig
wichtige
Folge
war
das
Entstehen
von
Wirtschafts-Interessenverbänden.
Organisationen
wie
der
Verein
Süddeutscher
Baumwollindustrieller,
der
Verein
Deutscher
Eisen-
und
Stahlindustrieller,
der
Verein
zur
Wahrung
der
gemeinsamen
wirtschaftlichen
Interessen
in
Rheinland
und
Westfalen
verlangten
vom
Staat
die
Einführung
von
Schutzzöllen
und
gründeten
1876
zur
gemeinsamen
Interessenvertretung
den
Centralverband
deutscher
Industrieller.
Auch
im
Bereich
der
Landwirtschaft
begannen
schutzzöllnerische
Verbände
zu
entstehen,
auch
wenn in Ostelbien zunächst die Freihändler dominierend blieben. Die Hinwendung zum Schutzzoll ließ Landwirtschaft und Industrie enger zusammenrücken.
Die
Gründerkrise
hatte
auch
erhebliche
Auswirkungen
auf
die
Parteienlandschaft.
Der
Fortschrittsoptimismus
der
vergangenen
Jahrzehnte
wich
einer
pessimistischen
Grundeinstellung.
Vor
allem
das
Gedankengut
des
Liberalismus
(„laisser
faire,
laisser
aller“)
wurde
für
den
wirtschaftlichen
Niedergang
verantwortlich
gemacht.
Die
freihändlerischen
Liberalen
verloren
an
Gewicht,
während
die
Konservativen
und
das
Zentrum
gewannen.
In
dieser
Stimmungslage
nahm
die
Bedeutung
des
modernen
Antisemitismus
zu,
da
hinter
Liberalismus
und
Börsenkapital
das
internationale
Judentum
vermutet
wurde.
Ausdruck
fand
er
zum
Beispiel
im
Berliner
Antisemitismusstreit
oder
im
Entstehen
der
christlich-sozialen
Partei
des
Hofpredigers
Adolf
Stoecker. Die antisemitische Bewegung blieb eine Minderheit; 1881 gelang es ihr, für eine „Antisemitenpetition“ 255.000 Unterschriften zu sammeln.
Auf
die
Regierung
wuchs
der
Druck,
regulierend
in
Märkte
einzugreifen,
statt
wie
in
Zeiten
der
Hochkonjunktur
auf
die
Kräfte
des
Marktes
zu
vertrauen.
Der
Staat
selber
spürte
die
Gründerkrise
durch
sinkende
Steuereinnahmen;
das
Defizit
nahm
zu.
Der
Zwang
zu
einer
umfassenden
Finanzreform
wurde
immer
stärker.
Gegen
die
Mehrheit
der
Liberalen
war
diese
Reform allerdings nicht durchzusetzen. Diese wollten ihrerseits die Finanzschwierigkeiten nutzen, um verfassungspolitische Ziele durchzusetzen.
Politik nach der Wende von 1878/79
Die
immer
weniger
tragfähige
Zusammenarbeit
mit
den
Liberalen
sowie
die
wirtschaftlichen,
sozialen
und
finanzpolitischen
Probleme
im
Gefolge
der
Gründerkrise
veranlassten
Reichskanzler
Otto
von
Bismarck
zu
einem
fundamentalen
Politikwechsel.
Dieser
Wechsel
war
gekennzeichnet
durch
das
Sozialistengesetz,
die
Abwendung
von
den
Liberalen
und
die
Einführung
von
Schutzzöllen.
Die
Haltung
der
Nationalliberalen
dazu
war
widersprüchlich.
Sie
trugen
zwar
einige
Maßnahmen
mit,
dennoch
standen
sie
vorerst
aber
grundsätzlich
in
Opposition
zum
„System
Bismarck.“
Diese
widersprüchliche
Haltung
zur
Politik
Bismarcks
führte
innerhalb
der
nationalliberalen
Partei
zu
einer
tiefen
Krise.
Zunächst
spaltete
sich
1879
ein
rechter
Flügel
ab.
Ein
Jahr
später
ging
aus
dem
eher
linken
Flügel
die
Liberale
Vereinigung
hervor,
die
entschieden
gegen
die
konservative
Wende
anzukämpfen
versuchte.
Der
politische
Wandel von 1878 als Bündnis von landwirtschaftlichem Großgrundbesitz und Schwerindustrie wurde in der Forschung unter dem Begriff der Inneren Reichsgründung diskutiert.
Soziallistengesetz
Bismarck
nutzte
die
beiden
Attentate
auf
Kaiser
Wilhelm
I.
im
Mai
und
Juni
des
Jahres
1878
–
beide
kurz
vor
der
Reichstagswahl
am
30.
Juli
1878
–
für
eine
offen
antisozialdemokratische
Politik.
Die
Sozialdemokraten
galten
spätestens
seit
dem
Bekenntnis
von
August
Bebel
und
Wilhelm
Liebknecht
für
die
Pariser
Kommune
als
Reichsfeinde.
Darin
stimmten
Regierung
und
weite
Teile
des
Bürgertums
überein.
Tatsächlich
schienen
sich
die
Sozialdemokraten
im
Aufwind
zu
befinden;
sie
kamen
bei
den
Reichstagswahlen
von
1877
auf
9,1
%.
Außerdem
war
die
Spaltung
in
ADAV
und
SDAP
seit
1875
überwunden.
Gleichwohl
hat
eine
tatsächlich
„revolutionäre“
Gefahr
nie
bestanden.
Bismarck
behielt
sich
mit
dem
Sozialistengesetz
weitgehende
Ausnahmeregelungen
vor.
Im ersten Anlauf scheiterte dieses Ziel allerdings an der Reichstagsmehrheit.
Das
zweite
Attentat
auf
den
Kaiser
im
Juni
1878
bot
Bismarck
die
Gelegenheit,
den
Reichstag
aufzulösen
und
Neuwahlen
auszuschreiben.
Im
Wahlkampf
tat
die
Regierung
alles,
um
die
Revolutionsfurcht
im
Bürgertum
und
in
den
Mittelschichten
zu
schüren.
Wirkungsvoll
verbunden
wurden
in
der
konservativen
Presse
dabei
Antisozialismus,
Antiliberalismus
und
antisemitische
Untertöne.
Die
Liberalen
hatten
dagegen
einen
schweren
Stand,
zumal
sich
die
Interessenverbände
erstmals
für
eine
Schutzzollpolitik
und
gegen
den
liberalen
Freihandel
aussprachen.
Die
Wahl
vom
Juli
1878
brachte
den
Nationalliberalen
sowie
der
Fortschrittspartei
erhebliche
Verluste,
während
die
Freikonservative
Partei
und
die
Deutschkonservative
Partei
zulegen
konnten.
Vor
allem
verloren
die
Nationalliberalen
ihre
parlamentarische
Schlüsselstellung
an
die
Zentrumspartei.
Dennoch
brauchte
die
Regierung
die
Nationalliberalen
für
die
Verabschiedung
des
Sozialistengesetzes,
da
sich
das
Zentrum
angesichts
des
Kulturkampfs
hier
verweigerte.
In
der
nationalliberalen
Partei
blieb
das
Vorhaben
umstritten.
Die
Parteimehrheit
um
Rudolf
von
Bennigsen
war
angesichts
der
Wahlniederlage
bereit,
dem
Gesetz
zuzustimmen.
Ein
kleinerer
linker
Flügel
um
Lasker
wollte
zunächst
an
der
Ablehnung
festhalten
und
das
Vorgehen
als
Angriff
auf
den
Rechtsstaat
verurteilen;
schließlich
stimmte
aber
auch
dieser
Flügel
aus
Sorge
um
den
Zusammenhalt
der
Partei
dem
Gesetz
schließlich
zu,
nachdem
die
Liberalen
in
den
Beratungen
einige
Milderungen
und
eine
Befristung
des
Gesetzes
auf
zwei
Jahre
durchgesetzt
hatten.
Am
19.
Oktober
1878
nahm
der
Deutsche
Reichstag
das
Gesetz
mit
221
gegen
149
Stimmen von Seiten des Zentrums, der Fortschrittspartei und der Sozialdemokraten an.
Das
Sozialistengesetz
selbst
basierte
auf
der
unbewiesenen
Behauptung,
die
Attentäter
auf
den
Kaiser
seien
Sozialdemokraten
gewesen.
Es
ermöglichte
das
Verbot
von
Vereinen,
Versammlungen,
von
Druckschriften
und
Geldsammlungen.
Zuwiderhandlungen
konnten
mit
Geld-
oder
Gefängnisstrafen
belegt
werden.
Auch
konnten
Aufenthaltsverbote
ausgesprochen
oder
über
bestimmte
Gebiete
der
kleine
Belagerungszustand
verhängt
werden.
Allerdings
war
das
Gesetz
befristet
und
musste
daher
vom
Parlament
immer
wieder
bestätigt
werden.
Außerdem
blieben
die
Arbeit
der
Parlamentsfraktionen
und
die
Beteiligung
an
Wahlen
(für
Einzelpersonen)
davon
unberührt.
Das
Gesetz
erfüllte
sein
Ziel
auf
längere
Sicht
nicht.
Die
Sozialdemokratie
blieb
als
politische
Kraft
bestehen.
Es
war
mitverantwortlich
dafür,
dass
die
Anhänger
der
Partei
sich
in
ein
politisches
Ghetto
zurückzogen,
das
sich
verfestigte.
Als
Reaktion auf die Verfolgung schlug die Partei überdies spätestens seit 1890 einen konsequent marxistischen Kurs ein.
Übergang zur Schutzzollpolitik
Bereits
1875
hatte
Bismarck
angekündigt,
auf
eine
Schutzzollpolitik
zu
setzen,
also
den
Freihandel
einzuschränken.
Dabei
spielten
finanzpolitische
Erwägungen
eine
größere
Rolle
als
ideologische
Gründe.
Bislang
war
das
Reich
auf
Zuwendungen
der
Länder
(Matrikularbeiträge)
angewiesen
gewesen,
durch
Zolleinnahmen
erhoffte
sich
die
Regierung
eine
Milderung
dieser
Abhängigkeit.
Unterstützung
erwartete
Bismarck
dafür
vom
landwirtschaftlich
geprägten
Zentrum
und
von
den
Konservativen
sowie
vom
rechten,
industriell geprägten Flügel der Nationalliberalen.
Nach
der
Verabschiedung
des
Sozialistengesetzes
begann
Bismarck
ab
1878,
die
neue
Zoll-
und
Finanzpolitik
umzusetzen.
Da
die
liberalen
zuständigen
Fachminister
von
Camphausen
und
Achenbach
diese
Politik
nicht
mittragen
konnten,
traten
sie
zurück,
wie
zuvor
schon
Delbrück.
Allerdings
stießen
Bismarcks
Vorstellungen
in
der
hohen
Beamtenschaft
und
bei
den
Finanzministern
der
Länder
zunächst
auf
einhellige
Ablehnung.
Eine
wichtige
Rolle
bei
der
Aufweichung
dieser
Position
spielen
die
wirtschaftlichen
Interessenverbände
und
vor
allem
der
Centralverband
deutscher
Industrieller,
denen
es
gelang,
Einfluss
auf
eine
amtliche
Denkschrift
zu
nehmen,
die
sich
für
eine
protektionistische
Politik
aussprach.
Die
Verbände
warben
bei
vielen
Mitgliedern
des
Reichstages
erfolgreich
für
diesen
Politikwechsel.
Quer
durch
alle
bürgerlichen
Parteien
schlossen
sich
204
Abgeordnete
der
konservativen
Parteien,
fast
alle
Mitglieder
der
Zentrumsfraktion
und
eine
Minderheit
von
27
nationalliberalen
Abgeordneten
den
Forderungen
an.
Die
Umsetzung
des
Programms
erwies
sich
als
schwierig,
da
die
Nationalliberalen
ihre
Zustimmung
von
erheblichen
konstitutionellen
Zugeständnissen
abhängig
machten.
Dasselbe
gilt
für
die
Zentrumspartei.
Ihr
Preis
war
die
sogenannte
„Franckensteinsche
Klausel“:
die
Zolleinnahmen
verblieben
nicht
vollständig
beim
Reich,
sondern
sollten
ab
einer
bestimmten
Höhe
den
Ländern
zufließen.
Bismarck
konnte
sich
zwischen
Zentrum
und
Nationalliberalen
entscheiden,
musste
aber
in
jedem
Fall
erhebliche
Abstriche
von
seinem
Programm
zum
„Schutz
der
nationalen
Arbeit“
machen.
Er
entschied
sich
aus
verschiedenen
Gründen
für
das
Zentrum.
Wohl
am
bedeutendsten
war,
dass
die
Forderungen
des
Zentrums
nicht
auf
eine
weitere
Parlamentarisierung
hinausliefen.
Die
Reichstagsrede
Bismarcks
vom
Juli
1879
besiegelte
das
Ende
der
liberalen
Ära.
In
ihr
erteilte
der
Reichskanzler
dem
Ziel
eines
bürgerlich-liberalen,
auf
Dauer
parlamentarisch
geprägten
Staates
eine
klare
Absage zu Gunsten eines zwar weiterhin konstitutionellen, aber doch klar obrigkeitlich-monarchischen Systems.
Einführung der Sozialversicherung
Mit
der
industriellen
Revolution
und
dem
Übergang
zur
Hochindustrialisierung
hatte
sich
der
Schwerpunkt
der
sozialen
Frage
von
den
pauperisierten
ländlichen
Unterschichten
hin
zur
städtischen
Arbeiterbevölkerung
verlagert.
Auf
kommunaler
Ebene
hatte
es
dazu
verschiedene
Ansätze
gegeben,
wie
etwa
das
Elberfelder
System
der
Armenfürsorge.
Während
des
Kaiserreichs
setzte
nun
eine
neue
Form
staatlicher
Sozialpolitik
ein,
die
gleichzeitig
ein
wesentlicher
Bestandteil
der
Entstehung
des
modernen
Interventionsstaates
war.
Innerhalb
der
bürgerlichen
Gesellschaft
war
–
auch
aus
Furcht
vor
einer
revolutionären
Arbeiterbewegung
–
die
Notwendigkeit
einer
Lösung
der
Arbeiterfrage
nicht
umstritten.
Kontrovers
diskutiert
wurden
die
Mittel
und
vor
allem
die
Rolle
des
Staates.
Insbesondere
die
Liberalen
setzten
anfangs
auf
gesellschaftliche
Lösungen,
etwa
in
Form
von
Selbsthilfeeinrichtungen
der
Arbeiter.
Aus Kreisen der Sozialreformer, vor allem aus dem Umfeld des Vereins für Socialpolitik, kamen Forderungen nach stärkerem staatlichen Engagement in dieser Frage.
Bismarck
und
die
von
ihm
geführte
Reichsregierung
hatten
lange
zwischen
beiden
Positionen
geschwankt,
ehe
sie
sich
für
eine
stärker
staatliche
Intervention
entschieden.
Für
diese
Entscheidung
spielte
eine
Rolle,
dass
gesellschaftliche
Lösungsansätze,
wie
sie
den
Liberalen
vorschwebten,
in
der
Praxis
der
Dynamik
der
industriellen
Entwicklung
offenbar
nicht
gewachsen
waren.
Hinzu
kam
ein
weiteres
Motiv:
Bismarck
hoffte
mit
Hilfe
einer
staatlichen
Sozialpolitik
die
Arbeiter
an
den
Staat
zu
binden
und
damit
auch
der
Repressionspolitik
des
Sozialistengesetzes seine Schärfe zu nehmen. Das ursprüngliche Konzept der Regierung sah eine staatlich getragene und steuerfinanzierte Zwangsversicherung vor.
Der
Gesetzgebungsprozess
war
langwierig.
Während
der
Beratungen
bewirkten
Parteien,
die
Ministerialbürokratie
und
die
Interessenverbände
erhebliche
Modifikationen
der
ursprünglichen
Entwürfe.
Die zentralen Schritte waren die Einführung
der Krankenversicherung (1883),
der Unfallversicherung (1884) sowie
der Invaliditäts- und Altersversicherung (1889).
Allen
gemeinsam
war,
dass
der
direkte
staatliche
Einfluss
entgegen
den
ursprünglichen
Plänen
begrenzt
war.
Die
Versicherungen
waren
zwar
öffentlich-rechtliche
Einrichtungen,
aber
eben
nicht
staatlich.
Außerdem
enthielten
sie
Elemente
der
Selbstverwaltung
und
ihre
Finanzierung
erfolgte
nicht
primär
aus
Steuern,
sondern
aus
den
Beiträgen
der
Arbeitsmarktparteien
beziehungsweise
der
Unternehmer.
Außerdem folgten sie nicht dem Prinzip des Bedarfs der Betroffenen, sondern waren lohn- und beitragsbezogen.
Die
Einführung
der
Sozialversicherung
wird
als
eine
große
Leistung
Bismarcks
gesehen,
auch
wenn
das
Ergebnis
schließlich
nicht
ganz
so
ausfiel
wie
geplant.
Dies
gilt
nicht
nur
für
die
Struktur
der
Versicherungen,
sondern
vor
allem
für
das
Ziel,
mit
ihrer
Hilfe
die
Arbeiter
von
der
Sozialdemokratie
fernzuhalten.
Dieses
Ziel
verfehlte
er,
auch
weil
der
neu
eingerichtete
Wohlfahrtsstaat
die
Lohnentwicklung
weiterhin
dem
freien
Spiel
der
Marktgesetze
überließ.
Die
Folge
waren
stagnierende
Reallöhne
trotz
deutlich
steigendem
Volkseinkommen,
die
soziale
Schere
tat
sich
weiter
auf.
Der
Sozialhistoriker
Hans-Ulrich
Wehler
spricht
daher
von
einer
„Zementierung
der Ungleichheit“ in Deutschland.
Grenzen des Systems Bismarck
Ziele
der
konservativen
Wende
von
1878/1879
waren
die
Blockade
einer
weiteren
Liberalisierung
des
Reiches
und
darüber
hinaus
eine
Entwicklung
im
konservativen
Sinn.
Mit
dem
ersten
Ziel
war
Bismarck
weitgehend
erfolgreich,
das
zweite
ließ
sich
nicht
umsetzen,
da
es
im
Parlament
keine
dauerhafte
Mehrheit
für
ein
solches
Programm
gab.
Eine
konservative
Umgründung
des
Kaiserreichs
stieß
stets
auf
den
Widerstand
des
Reichstages.
Der
Reichskanzler
versuchte
zwar,
eine
dauerhafte
Mehrheit
zustande
zu
bringen,
scheiterte
damit
allerdings.
In
den
frühen
1880er
Jahren
widersetzte
sich
im
Wesentlichen
das
Zentrum
den
Plänen
des
Reichskanzlers.
Solange
der
Kulturkampf
noch
nicht
ganz
beendet
war,
verfolgte
die
Partei
unter
der
Führung
von
Ludwig
Windthorst
einen
betont
konstitutionellen
Kurs,
der
die
Rechte
des
Parlaments
sicherte
und
sich
einer
engeren
Zusammenarbeit
mit
der
Regierung
verweigerte.
Zwar
wurden
1880
ein
neues
Septennat
verabschiedet
und
das
Sozialistengesetz
verlängert,
andere
Gesetzesentwürfe
der
Regierung,
etwa
für
ein
Tabakmonopol,
scheiterten.
Die
Probleme
verschärften
sich
für
die
Regierung
mit
der
Reichstagswahl
von
1881,
als
die
beiden
konservativen
Parteien
38
und
die
Nationalliberalen
sogar
52
Mandate
im
Reichstag
einbüßten.
Dagegen
gewannen
Sozialdemokraten
und
Zentrum
leicht
hinzu,
während
die
Liberale
Vereinigung
und
die
Fortschrittspartei
die
eigentlichen
Wahlgewinner
waren.
Zusammen
gewannen die Linksliberalen 80 Sitze hinzu.
Mit
der
Schwächung
der
parlamentarischen
Unterstützung
verschärfte
Bismarck
seinen
Konfrontationskurs
gegenüber
dem
Reichstag
noch
und
versuchte,
das
Gewicht
der
Regierung
im
politischen
System
zu
stärken.
In
diesen
Zusammenhang
gehörten
Überlegungen,
einen
Deutschen
Volkswirtschaftsrat
aus
Vertretern
der
Interessenverbände
als
eine
Art
Nebenparlament
zu
errichten.
Ähnliche
Pläne
standen
hinter
der
Schaffung
von
Berufsgenossenschaften
als
Träger
der
Unfallversicherung.
Immer
wieder
wurden
auch
Gerüchte
über
die
Änderung
des
Reichstagswahlrechts
und
eine
Aufhebung
der
Verfassung
lanciert.
Mit
keinem
seiner
antiparlamentarischen
Vorstöße
hatte
Bismarck
Erfolg.
Sie
trugen
zur
weiteren
Verhärtung
der
Fronten
bei
und
verstärkten
in
der
Öffentlichkeit den Eindruck, dass es dem Kanzler zunehmend an politischen Konzepten fehle.
Kartellparteien und konservative Mehrheit
In
der
zweiten
Hälfte
der
1880er
Jahre
veränderte
sich
die
politische
Situation
vor
allem
durch
Verschiebungen
im
Parteiensystem.
Die
politische
Ausrichtung
der
Nationalliberalen
verlagerte
sich
nach
dem
Rücktritt
von
Bennigsen,
dem
Aufstieg
von
Johannes
Miquel
und
dem
wachsenden
Einfluss
agrarischer
Interessen
deutlich
nach
rechts.
Die
Partei
stellte
sich
mit
ihrer
Heidelberger
Erklärung
von
1884
in
den
wesentlichen
Streitfragen
hinter
den
Reichskanzler
und
grenzte
sich
gegenüber
den
Linksliberalen
ab.
Dies
führte
ebenfalls
1884
indirekt
zur
Fusion
der
Liberalen
Vereinigung
mit
der
Deutschen
Fortschrittspartei
zur
Deutsch-Freisinnigen
Partei.
Der
Abbau
der
Kulturkampfgesetze
seit
der
ersten
Hälfte
der
1880er
Jahre
führte
zu
einer
Minderung
der
Oppositionshaltung
des
Zentrums.
Nach
der
Reichstagswahl
von
1884,
die
mit
Verlusten
der
Linksliberalen
und
deutlichen
Gewinnen
der
konservativen
Parteien
sowie
leichten
Zuwächsen
der
Nationalliberalen
endete,
schien
eine
Rechtskoalition
möglich
zu
werden.
Tatsächlich
arbeiteten
diese
Parteien bei der Germanisierungspolitik in den preußischen Ostprovinzen zusammen.
Forciert
wurde
der
Plan
einer
rechten
Mehrheit
1886
im
Zusammenhang
mit
einer
tiefen
außenpolitischen
Krise.
Bismarck
verlangte
daraufhin
die
Erhöhung
der
Friedenspräsenzstärke
des
Heeres,
was
von
Zentrum
und
Freisinn
strikt
abgelehnt
wurde.
Die
Folge
war
eine
erneute
Reichstagsauflösung.
Im
Wahlkampf
tat
die
Regierung
alles,
um
Linksliberale,
Zentrum
und
Sozialdemokraten
als
Reichsfeinde
abzustempeln.
Darüber
hinaus
schlossen
Konservative
und
Nationalliberale
ein
Wahlbündnis
–
das
sogenannte
Kartell.
Die
Wahl
von
1887,
die
im
Zeichen
eines
möglichen
Krieges
mit
Frankreich
stattfand,
brachte
den
Kartellparteien
(vor
allem
den
Nationalliberalen)
Gewinne,
die
zu
Lasten
der
Linksliberalen
und
der
Sozialdemokraten
gingen.
Die Kartellparteien verfügten mit 220 von 397 Abgeordneten über eine absolute Mehrheit.
Bismarck
hatte
zwar
seither
eine
starke
Mehrheit,
gleichzeitig
war
er
aber
auch
vom
Fortbestand
der
Koalition
abhängig.
In
der
ersten
Zeit
arbeiteten
Kartell
und
Regierung
recht
reibungslos
zusammen.
So
wurde
die
umstrittene
Militärvorlage
ebenso
beschlossen
wie
Gesetze
im
Interesse
der
Landwirtschaft.
Auch
das
Sozialistengesetz
wurde
noch
einmal
bis
1890
verlängert.
Danach
nahmen
die
Spannungen
allerdings
deutlich
zu.
So
stimmten
die
Nationalliberalen
einem
Friedensgesetz
zur
Beendigung
des
Kulturkampfs
nicht
zu,
auch
weigerte
sich
ein
Teil
ihrer
Fraktion,
die
landwirtschaftlichen
Schutzzölle
noch
einmal
zu
erhöhen.
Dies
Gesetz
kam
dann
nur
mit
Hilfe
des
Zentrums
zustande.
Auch
die
Fortsetzung
des
Sozialistengesetzes,
die
Kolonialpolitik
und
die
Sozialgesetzgebung
stieß
bei
den
Nationalliberalen
auf
Kritik.
Die
Sozialgesetze
kamen
ebenfalls
nur
mit
Hilfe
des
Zentrums
zustande.
Im
konservativen Lager verstärkten sich die Stimmen, die nach einer dauerhaften Zusammenarbeit mit dem Zentrum verlangten.
Bündnisse und Außenpolitik
Das
Kaiserreich
verdankte
sein
Entstehen
im
Krieg
gegen
Frankreich
der
wohlwollenden
Neutralität
von
England
und
Russland.
Diese
relativ
günstige
diplomatische
Großwetterlage
hielt
indes
nicht
an.
Das
strukturelle
Hauptproblem
war,
dass
mit
der
Gründung
des
Reiches
eine
neue
Großmacht
in
Europa
entstanden
war,
die
erst
ihren
Platz
im
System
der
Mächte
finden
musste.
Obwohl
Bismarck
immer
wieder
die
Saturiertheit
der
neuen
Nation
beteuerte,
erschien
den
übrigen
Staaten
die
Politik
Deutschlands
als
nicht
recht
berechenbar.
Insgesamt
schien
die
außenpolitische
Situation
relativ
offen.
Fixpunkte
waren
jedoch
einerseits
der
deutsch-französische
Gegensatz
und
andererseits
die
Konkurrenz
von
Großbritannien
und
Russland
(The
Great
Game).
Es
gab
für
die
deutsche
Außenpolitik
verschiedene
theoretische
Handlungsoptionen
sich
in
das
bestehende
Staatensystem
zu
integrieren.
Obwohl
sich
Bismarck
zunächst
alle
Alternativen bis hin zu einem Präventivkrieg offen hielt, entschied er sich letztlich aber für eine defensive Variante als „ehrlicher Makler“ zwischen den Mächten.
Bündnissysteme bis Anfang der 1880er Jahre
Am
7.
September
1872
kam
es
zu
einem
Dreikaisertreffen.
Kaiser
Wilhelm
begrüßte
in
Berlin
Kaiser
Franz
Joseph
I.
und
Zar
Alexander
II.
Am
22.
Oktober
1873
wurde
das
Dreikaiserabkommen
zwischen
dem
Deutschen
Reich,
Russland
und
Österreich-Ungarn
unterzeichnet.
Am
Beginn
der
Außenpolitik
des
neuen
Reiches
standen
damit
einerseits
ein
enges
Bündnis mit Österreich-Ungarn und ein gutes Einvernehmen mit Russland.
Die
Entscheidung
für
eine
defensive
Politik
fiel
1875
nach
der
sogenannten
Krieg-in-Sicht-Krise,
als
Russland
und
Großbritannien
deutlich
gemacht
hatten,
einen
möglichen
Präventivkrieg
des
Reiches
gegen
das
wieder
erstarkte
Frankreich
nicht
hinzunehmen.
Dies
machte
deutlich,
dass
der
Versuch,
eine
hegemoniale
Stellung
zu
erreichen,
die
Gefahr
eines
europäischen
Krieges in sich trug.
Die
Entscheidung
für
eine
Gleichgewichtspolitik
wurde
zuerst
in
der
Balkankrise
1877/1878
im
Zusammenhang
mit
dem
Russisch-Türkischen
Krieg
deutlich.
Während
die
übrigen
Großmächte
eigene
Interessen
hatten,
versuchte
Deutschland
als
Vermittler
aufzutreten.
Dabei
bestand
allerdings
die
Gefahr,
die
Unterstützung
Österreich-Ungarns
und
Russlands
zu
verlieren.
Daher
hat
Bismarck
alles
vermieden,
um
sich
zwischen
beiden
Seiten
entscheiden
zu
müssen.
Das
Ziel
war
es,
eine
Konstellation
herbeizuführen,
wie
der
Kanzler
in
seinem
Kissinger
Diktat
von
1877
festhalten
ließ,
in
welcher
alle
Mächte
außer
Frankreich
unser
bedürfen,
und
von
Koalitionen
gegen
uns
durch
ihre
Beziehungen
zueinander
nach
Möglichkeit
abgehalten werden.
Zur
Lösung
des
Interessengegensatzes
zwischen
Russland
und
Großbritannien
nach
dem
Russisch-
Türkischen
Krieg
fand
1878
der
Berliner
Kongress
statt.
Bismarck
bemühte
sich
dabei
um
die
Rolle
als
„ehrlicher
Makler“
und
um
einen
Ausgleich
zwischen
den
Großmächten.
Dies
stand
allerdings
im
Gegensatz
zur
Hoffnung
der
russischen
Regierung,
die
sich
von
dem
Kongress
eine
diplomatische
Bestätigung
der
erzielten
militärischen
Erfolge
auf
dem
Balkan
erwartet
hatte.
Insofern
wurde
das
Ergebnis,
das
gerade
Österreich
mehr
Einfluss
zugestand,
ohne
militärische
Opfer
gebracht
zu
haben,
von
Russland
als
eine
diplomatische
Niederlage
gewertet.
Nach
dem
Kongress
verschlechterte
sich
das
Verhältnis
des
Zarenreichs
gegenüber
Deutschland
erheblich,
sodass
ein
Bündnis
zwischen
diesen
beiden
Staaten
immer
schwieriger zu erhalten war.
Bismarck
suchte
daher
noch
deutlicher
als
zuvor
ein
Zusammengehen
mit
Österreich-Ungarn.
Dies
gipfelte
am
7.
Oktober
1879
in
dem
sogenannten
„Zweibund“.
Mit
dem
Bündnis
war
die
Rolle
des
Deutschen
Reiches
als
ungebundenem
Mittler
zwischen
den
Mächten
beendet.
Es
begann
in
der
Folge
der
Aufbau
des
bismarckschen
Bündnissystems,
zunächst
nach
Osten,
dann
nach
Westen
und
Süden.
Im
Jahr
1881
erfolgte
der
Abschluss
des
Dreikaiserbundes
mit
Österreich-Ungarn
und
Russland.
Inhaltlich
verpflichteten
sich
die
Mächte,
den
Status
quo
auf
dem
Balkan
nur
in
Absprache
zu
verändern
und
im
Kriegsfalle
mit
einer
vierten
Macht
wohlwollende
Neutralität
zu
wahren.
Diese
Bestimmung
bezog
sich
in
erster
Linie
auf
einen
neuen
Krieg
zwischen
Frankreich
und
Deutschland
sowie
Großbritannien
und
Russland.
Da
die
Spannungen
zwischen
Österreich-Ungarn
und
Russland
auf
dem
Balkan
aber
bald
wieder
zunahmen,
scheiterte die Dreikaiserpolitik auf längere Sicht.
Nach
Süden
wurde
1882
der
Zweibund
mit
Italien
zum
Dreibund
erweitert.
Hintergrund
dieser
Erweiterung
waren
die
zunehmenden
Spannungen
zwischen
Frankreich
und
Italien
in
Tunesien.
Auch der Dreibund war ein Defensivbündnis und entlastete zudem noch Österreich-Ungarn, da es über den Verlauf der Grenze mit Italien immer wieder zu Streitigkeiten gekommen war.
Das
Kaiserreich
stand
daher
zu
Beginn
der
1880er
Jahre
im
Zentrum
zweier
Bündnissysteme.
Die
Aufrechterhaltung
war
kompliziert,
von
Widersprüchen
gekennzeichnet
und
labil.
Auf
dieser instabilen Basis gelang für einige Zeit ein Festschreiben des Status quo.
Beginn des deutschen Imperialismus
Mitte
der
1880er
Jahre
führte
die
imperialistische
Expansion
der
Großmächte
zu
einer
neuen
Dynamik
in
den
Beziehungen,
die das Aufrechterhalten des Gleichgewichts immer schwieriger machte und es schließlich aus der Balance warf.
Anfangs
wurde
die
Expansion
nach
Übersee
von
privaten
Unternehmern
getragen.
Zwar
kam
es
bald
zu
staatlichen
Unterstützungen,
aber
diese
bewegten
sich
nach
britischem
Vorbild
noch
im
Rahmen
des
Aufbaus
eines
„informal
Empire“
(das
heißt
die
Kontrolle
eines
Gebiets
ohne
offizielle
staatliche
Inbesitznahme).
Gründe
für
ein
Engagement
in
Übersee
waren
einerseits
das
Auftreten
einer
wirkungsmächtigen
Kolonialbewegung
in
Deutschland,
die
in
Kolonien
eine
Möglichkeit
sah,
die
Gründerkrise
zu
überwinden
und
den
Bevölkerungsanstieg
zu
bremsen.
Aber
der
Besitz
von
Kolonien
wurde
auch
als
eine
nationale
Prestigefrage
betrachtet.
Als
Kolonialpropagandisten
traten
bald
Organisationen
wie
der
Deutsche
Kolonialverein
oder
die
Gesellschaft
für
Deutsche
Kolonisation
auf.
Beide
schlossen
sich
später
zur
Deutschen
Kolonialgesellschaft
zusammen.
Die
Gründe,
weshalb
Bismarck
dem
Druck
der
Kolonialbewegung
nachgab
und
begann,
ein
formelles
Empire
zu
errichten,
sind
in
der
Forschung
umstritten.
Ein
Argument
ist,
dass
der
Reichskanzler
die
Probleme
Großbritanniens
unter
anderem
in
Afghanistan
und
im
Sudan
ausnutzte,
um
durch
eine
antienglische
Politik
die
Annäherung
an
Frankreich
zu
suchen.
Höhepunkt
dieser
Entwicklung
war
die
Berliner
Kongokonferenz
1884/85,
als
Deutschland
und
Frankreich
zusammen
Englands
Mittelafrikapolitik
entgegentraten.
Andere
Interpretationen
verweisen
vor
allem
auf
innenpolitische
Gründe.
Der
Erwerb
von
Kolonien
sollte
danach
parteipolitische
Erleichterungen
für
die
Regierung
bringen
und
bei
den
Reichstagswahlen
von
1884
Stimmen
für
die
der
Regierung
nahestehenden
Parteien
bringen.
Eine
dritte
These
deutet
die
Wende
als
Sozialimperialismus.
Danach
sollten
Kolonien
gewissermaßen
die
sozialen
und
wirtschaftlichen
Schwierigkeiten
überdecken
und
Legitimationsdefizite
abbauen.
Neuere
Forschungen
sehen
eine
Mischung
aus
verschiedenen
Ursachen
und
betonen
zusätzlich
die
Eigendynamik
in
den
späteren
Kolonien.
Das
Jahr
1884
markiert
dann
den
eigentlichen
Beginn
der
deutschen
Kolonialpolitik,
als
im
April
das
sogenannte
„Lüderitzland“
als
Keimzelle
des
späteren
Deutsch-Südwestafrika
unter
den
Schutz
des
Deutschen
Reichs
gestellt
wurde.
Auch
in
Deutsch-Ostafrika,
Togo,
Kamerun
und
im
Pazifik
wich
die
informelle
einer
formellen
Herrschaft.
Zwar
blieb
die
Kolonialpolitik
unter
Bismarck
Episode,
die
Expansion
endete
bereits
1885,
allerdings
war
damit
ein
Anfang
für
ein
weiteres
Ausgreifen
ebenso
wie
für
Konflikte
mit Großbritannien gemacht.
Übersicht über die deutschen Kolonien („Deutsche Schutzgebiete“)
Deutsch-Neuguinea
seit
1885,
erworben
durch
Otto
Finsch,
im
Auftrag
der
Neuguinea-Kompagnie;
dazu
gehörte:
Kaiser-Wilhelms-Land
(heute
nördliches
Papua-Neuguinea),
Bismarck-Archipel
(Papua-Neuguinea),
Bougainville-Insel
(Papua-Neuguinea),
nördliche
Salomon-Inseln
1885–1899
(Salomonen
(Choiseul
und
Santa
Isabel)),
Marianen
seit
1899,
Marshallinseln seit 1885, Palau seit 1899, Karolinen (Mikronesien) seit 1899, Nauru seit 1888
Deutsch-Ostafrika (heute Tansania, Ruanda, Burundi, Mosambik-Kionga-Dreieck) seit 1885, erworben durch Carl Peters
Deutsch-Samoa seit 1899, heute unabhängiger Staat Samoa
Deutsch-Somaliküste (heute Teil von Somalia) 1885–1888, Ansprüche erworben durch Gustav Hörnecke, Claus von Anderten und Karl Ludwig Jühlke
Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia, Botswana-Südrand des Caprivi-Zipfels) seit 1884, erworben durch Franz Adolf Eduard Lüderitz
Deutsch-Witu (heute südliches Kenia), 1885–1890, erworben durch die Gebrüder Denhardt aus Zeitz
Kamerun
seit
1884,
(heute
Kamerun,
Nigeria-Ostteil,
Tschad-Südwestteil,
Westteil
der
Zentralafrikanischen
Republik,
Nordostteil
der
Republik
Kongo,
Gabun-Nordteil)
erworben
durch
Gustav Nachtigal
Kapitaï und Koba (heute Guinea) 1884–1885, erworben durch Friedrich Colin
Kiautschou seit 1898 (China, für 99 Jahre gepachtet)
Mahinland (heute Nigeria) März bis Oktober 1885, erworben durch Gottlieb Leonhard Gaiser
Togo seit 1884, (heute Togo, Ghana-Westteil) erworben durch Gustav Nachtigal
Außenpolitische Doppelkrise 1885/1886
Nicht
nur
die
Hinwendung
zu
einer
imperialistischen
Politik
in
Übersee,
sondern
auch
zwei
Krisenherde
in
Europa
veränderten
die
deutsche
Außenpolitik.
In
Frankreich
entstand,
ausgehend
nicht
zuletzt
von
General
Georges
Ernest
Boulanger,
eine
nationalistische
Sammlungsbewegung,
die
für
einen
Revanchekrieg
gegen
Deutschland
eintrat.
Die
Gefahr
wuchs
noch,
als
Boulanger
Kriegsminister
wurde.
Bismarck
spielte
diese
Bedrohung
aus
innenpolitischen
Gründen
bewusst
hoch,
unter
anderem
um
dazu
beizutragen,
dass
bei
den
Reichstagswahlen
von
1887
eine
regierungsfreundliche
Mehrheit
entstehen
konnte.
Gleichzeitig
diente
die
Verschärfung
des
Tons
gegenüber
Frankreich
der
Überdeckung
der
außenpolitischen
Schwierigkeiten
in
Ost-
und
Südosteuropa.
Dort
hatte
die
Bulgarische
Krise
zur
Verschärfung
der
Gegensätze
zwischen
Österreich-Ungarn
und
Russland
und
zum
faktischen
Zerbrechen
des
Dreikaiserbundes
geführt.
Auch
Deutschlands
Verhältnis
zu
Russland
verschlechterte
sich
nicht
zuletzt
wegen
der
Schutzzollpolitik.
Bei
der
deutschen
Regierung
wuchs
die
Sorge
um
einen
Zweifrontenkrieg,
da
es
offenbar
zu
einer
Annäherung
zwischen
Russland
und
Frankreich
kam.
Innenpolitisch
geriet
Bismarck
angesichts
der
Doppelkrise
unter
Druck,
da
ihm
Kritiker
vorwarfen,
seine
Außenpolitik
sei
überholt.
Von
einigen
Militärs,
wie
von
General
Alfred
von
Waldersee,
aber
auch
von
Deutschkonservativen
und
selbst
von
Sozialdemokraten,
wurde
eine
scharfe
Gangart
gegenüber
Russland
bis
hin
zu
einem
Präventivkrieg
gefordert.
Bismarck
versuchte
die
teilweise
von
ihm
selbst
ausgelöste
nationalistische
Welle
zu
dämpfen
und
die
Krise
diplomatisch
beizulegen.
Dies
gelang
mit
Mühen,
die
deutlich
machten,
dass
sich
der
politische
Spielraum
Deutschlands
seit
der
Reichsgründung
erheblich
reduziert
hatte.
Im
Jahr
1887
gelang
die
Wiederherstellung
des
Dreibundes
mit
Österreich-Ungarn
und
Italien.
Durch
verschiedene
weitere
Verträge,
wie
dem
Mittelmeerabkommen
zwischen
Italien
und
Großbritannien
und
dem
Orientdreibund, an denen Deutschland nicht beteiligt war, wurde es durch seine Verbündeten doch Teil einer antirussischen Koalition.
Noch
im
selben
Jahr
wurde
anstelle
des
Dreikaiserabkommen
am
18.
Juni
der
Rückversicherungsvertrag
mit
Russland
abgeschlossen.
Beide
Staaten
verpflichteten
sich
bei
einem
unprovozierten
Angriff
seitens
einer
dritten
Macht
zu
wohlwollender
Neutralität.
Dabei
sah
ein
geheimes
Zusatzprotokoll
die
deutsche
Unterstützung
Russlands
in
dessen
Balkan-
und
Bosporuspolitik
vor.
Damit
ging
Deutschland
hier
Verpflichtungen
ein,
die
im
Gegensatz
zu
den
Bündnissen
und
Verträgen
mit
anderen
Staaten
standen.
Wichtiger
war
Bismarck
an
dieser
Stelle offenbar, ein mögliches Bündnis zwischen Frankreich und Russland zu verhindern.
Insgesamt
war
die
Aufrechterhaltung
des
Gleichgewichts
am
Ende
von
Bismarcks
Amtszeit
immer
schwieriger
geworden.
Hatte
er
zu
Beginn
noch
die
vorhandenen
Gegensätze
zwischen
den
Großmächten austarieren können, blieb ihm am Ende nur noch, die Spannungen zu schüren, um dann zu versuchen, sie im Sinne des Reiches einzuhegen.
Ära Bismarck
Deutsches Kaiserreich Deutsches Kolonialreich (1914)
Deutsche Kolonien 1910 (zeitgenössische Karten)
„Wir Deutsche fürchten Gott, sonst Niemand auf der Welt.“
(Zitat einer Rede Bismarcks
vor dem Reichstag am 6. Februar 1888;
Propagandadruck,
zeitgenössische Kreidelithographie)