Franz
Joseph
I.
war
formal
das
gemeinsame
konstitutionelle
Staatsoberhaupt
(Personalunion),
unter
dessen
Leitung
sowohl
die
Außenpolitik,
das
gemeinsame
Heer
und
die
Kriegsmarine
sowie
die
dazu
nötigen
Finanzen
in
den
entsprechenden
drei
Reichs-,
später
k.
u.
k.
Ministerien
mit
Sitz
in
Wien
gemeinsam
verwaltet
wurden
(Realunion):
k. u. k. Außenminister; Vorsitzender im gemeinsamen Ministerrat
k. u. k. Kriegsminister
Gemeinsamer Finanzminister
(Die angeführten Lemmata enthalten Listen aller Amtsträger bis 1918.)
Alle
anderen
Angelegenheiten
konnten
Österreich
und
Ungarn
von
nun
an
getrennt
regeln
(es
kam
jedoch
freiwillig
zu
einem
gemeinsamen
Währungs-,
Wirtschafts-
und
Zollgebiet).
Mit
dem
Abschluss
des
Ausgleichs
waren
jedoch
keinesfalls alle Streitpunkte ausgeräumt. So hatte sich Ungarn eine Adaptierung alle zehn Jahre zusichern lassen.
Die
Verhandlungen
dazu
wurden
von
den
Ungarn
vor
allem
mit
dem
Ziel
der
Schwächung
der
noch
vorhandenen
Bande
und
der
Verbesserung
ihrer
wirtschaftlichen
Position
gegenüber
Cisleithanien
geführt.
Die
sich
jeweils
über
viele
Monate
oder
gar
Jahre
hinziehenden
Verhandlungen
der
entsprechenden
Kommissionen
schufen
ein
Klima
der
permanenten
Konfrontation
und
belasteten
das
Verhältnis
zwischen
den
beiden
Teilen
der
Realunion
bis
zur
Planung
eines
Militäreinsatzes.
Es
zeigte
sich,
dass
der
Einfluss
Franz
Josephs
I.
als
ungarischer
König
auf
die
ungarische
Innenpolitik
weit
geringer
war
als
jener
auf
die
Regierungen
in
Cisleithanien
als
österreichischer
Kaiser.
Eines
seiner
letzten
Druckmittel
gegenüber
den
Ungarn
blieb
die
Androhung der Einführung allgemeiner und freier Wahlen.
Der
Ausgleich
mit
Ungarn,
der
Ungarn
eine
weit
reichende
staatliche
Autonomie
gebracht
hatte,
führte
allerdings
zum
Protest
anderer
Nationalitäten,
insbesondere
der
Slawen.
Konkrete
Forderungen
nach
einem
ähnlichen
Ausgleich
wurden
vor
allem
von
den
Tschechen
für
die
Länder
der
böhmischen
Krone
(Böhmen,
Mähren,
Österreichisch-Schlesien)
erhoben.
Die
unberücksichtigten
Interessen
anderer
Nationalitäten
und
die
ungarische
Magyarisierungspolitik
führten
zu
ethnischen
Spannungen
und
zu
Begriffen
wie
„Völkerkerker“.
Andererseits
prosperierte die Doppelmonarchie als gemeinsamer Wirtschaftsraum mit gemeinsamer Währung.
Die
nichtdeutschen
Nationalitäten
hatten
in
Österreich,
wo
alle
Nationalitäten
zumindest
de
jure
gleichberechtigt
waren,
wesentlich
bessere
Bedingungen
als
die
nichtmagyarischen
in
Ungarn,
das
auf
Magyarisierung
der
anderen
Hälfte
der
Bevölkerung
setzte.
Dies
betraf
vor
allem
den
Unterricht
in
der
Muttersprache
(obwohl
höhere
nichtdeutsche
Schulen
oft
erkämpft
werden
mussten),
die
Verwendung
der
Muttersprache
bei
Ämtern
und
Behörden
(Antworten
in
der
Sprache
des
Antragstellers
mussten
allerdings
erst
gesetzlich
vorgeschrieben
werden)
und
die Vertretung im Reichsrat, dem Parlament Österreichs.
Diese
Vertretung
wurde
allerdings
sehr
unterschiedlich
genützt.
Die
Polen
im
Kronland
Galizien
arbeiteten
–
durch
Steuergeschenke
und
Investitionen
geködert
–
oft
konstruktiv
mit
und
stellten
zeitweise
Minister
oder
sogar
den
Ministerpräsidenten
(Kasimir
Felix
Badeni,
Agenor
Gołuchowski
der
Ältere,
Agenor
Gołuchowski
der
Jüngere,
Alfred
Józef
Potocki
oder
Leon
Biliński).
Viele
tschechische
Politiker
bestritten
die
Zuständigkeit
des
Reichsrates
für
die
Länder
der
böhmischen
Krone
grundsätzlich,
sodass
dort
schon
früher
als
in
anderen
Kronländern
die
Direktwahl
der
Abgeordneten
vorgeschrieben
werden
musste.
Tschechische
Reichsratsabgeordnete
machten
die
Beratungen
des
Abgeordnetenhauses
immer
wieder
durch
Lärmorgien
unmöglich (Obstruktionspolitik), worauf die Regierung dem Kaiser die Vertagung des Reichsrates vorschlug und mit provisorischen Verordnungen weiterregierte.
In
Ungarn
waren
die
nichtmagyarischen
Nationalitäten,
welche
die
Hälfte
der
Bevölkerung
ausmachten,
durch
Schulgesetze
und
Wahlrecht
diskriminiert.
Im
Unterschied
zu
Österreich,
wo
dies
bei
den
Reichsratswahlen
1907
gelungen
war,
wurde
in
Ungarn
bis
zum
Ende
der
Doppelmonarchie
kein
allgemeines
und
gleiches
Männerwahlrecht
eingeführt.
Vorrechte
von
Stand
und
Besitz
waren
in
Ungarn
wesentlich
stärker
maßgebend
als
in
Österreich.
Die
herrschende
Schicht
Ungarns
arbeitete
im
Rahmen
ihrer
politischen
Möglichkeiten
daran,
Ungarn
möglichst
vollständig von Österreich unabhängig zu machen.
Kaiser
und
König
Franz
Joseph
I.
war
nach
dem
Ausgleich
penibel
darauf
bedacht,
seine
beiden
Monarchien
gleich
zu
behandeln.
Dies
erstreckte
sich
bis
zur
Frage
der
Namensgebung
für
neue
Schiffe
der
k.
u.
k.
Kriegsmarine;
Franz
Joseph
I.
lehnte
Namensvorschläge
ab,
die
Ungarn
(Magyaren)
benachteiligt
hätten.
Der
nach
dem
Selbstmord
von
Kronprinz
Rudolf
1889
und
dem
Tod
seines
Vaters
1896
designierte
Thronfolger
Erzherzog
Franz
Ferdinand
hingegen
verbarg
seine
Abneigung
gegen
die
herrschende
Klasse
Ungarns
und
ihre
Magyarisierungs-
und
Erpressungspolitik
gegenüber
der
Krone
nicht
und
plante
in
seiner
Militärkanzlei
(er
wurde
1913
Generalinspektor
der
gesamten
bewaffneten
Macht)
im
Schloss
Belvedere
einen
auf
die
Armee
gestützten
Umbau
der
Doppelmonarchie
nach
dem
Tod
Franz
Josephs
I.
Sein
Vorhaben,
aus
der
Doppelmonarchie
durch
gleichberechtigte
Beteiligung
der
Südslawen
als
drittes
Staatselement
(Trialismus)
eine
„Tripelmonarchie“
zu
machen,
wäre
wohl
nur
im
Bürgerkrieg
mit
den
Ungarn
zu
realisieren
gewesen.
Außerdem
hätten
die
dann
nach
wie
vor
benachteiligten
Tschechen
wohl
nicht
unbeteiligt
zugesehen.
Auf
Initiative
Franz
Ferdinands
wurden
außerdem
Modelle
zur
Umwandlung
der
Monarchie
in
einen
ethnisch-föderativen
Staat
entworfen
(Modell
der
Vereinigten
Staaten
von
Groß-Österreich
nach
Aurel
Popovici),
die
jedoch
nicht
zur
Realisierung
kamen.
Bei
den
Olympischen
Spielen
1900–1912
nahm
neben
den
Mannschaften
aus
Österreich
und
aus
Ungarn
eine
eigene
Mannschaft
aus
Böhmen
teil.
1905
kam
es
im
Königreich
Ungarn,
nach
den
dortigen
Parlamentswahlen,
zur
Ungarischen
Krise,
bei
der
die
ungarische
Unabhängigkeitspartei
ohne
parlamentarische
Mehrheit
regierte
und
eine
Trennung
der
gemeinsamen
österreichisch-ungarischen
Armee
forderte,
was
de
facto
das
Ende
der
Doppelmonarchie bedeutet hätte. Kaiser und König Franz Joseph I. rief 1906 Neuwahlen aus und beendete die Krise.
1908
brach
im
Osmanischen
Reich
die
jungtürkische
Revolution
aus.
Österreich-Ungarn
wurde
dadurch
daran
erinnert,
dass
Bosnien
und
die
Herzegowina
zwar
von
der
k.
u.
k.
Monarchie
seit
dreißig
Jahren
okkupiert
und
verwaltet
wurden,
jedoch
formal
Teile
des
Osmanischen
Reiches
geblieben
waren.
Franz
Joseph
I.
sah
nun
die
Chance,
„Mehrer
des
Reiches“
zu
werden
und
stimmte
dem
Annexionsplan
des
gemeinsamen
Finanzministers
zu,
wonach
Außenminister
Graf
Aehrenthal
am
5.
Oktober
1908
zur
förmlichen
Einverleibung
jener
Gebiete
schritt.
Der
einseitige,
von
keiner
internationalen
Konferenz
unterstützte
Rechtsakt,
das
Hoheitsgebiet
der
k.
u.
k.
Monarchie
auf
Bosnien
und
die
Herzegowina
zu
erstrecken,
verursachte
in
Europa die „Bosnienkrise“. Dabei wurde klar, wie wenige Verbündete
Österreich-Ungarn im Kriegsfall haben würde.
1908
beging
Franz
Joseph
I.
auch
sein
60-Jahre-Jubiläum
als
Kaiser
von
Österreich.
Kaiser
Wilhelm
II.
und
fast
alle
Oberhäupter
der
deutschen
Teilstaaten
gratulierten
aus
diesem
Anlass
persönlich
in
Wien.
Ungarn
sah
sich
„nicht
zu
Kundgebungen
veranlasst“,
war
Franz
Joseph
I.
doch
bis
zu
seiner
Krönung
in
Ungarn
1867
als
Fremdherrscher
empfunden
worden. In Prag und Laibach kam es 1908 zu Ausschreitungen gegen die Deutschen als herrschendes Volk in der österreichischen Reichshälfte.
Doppelmonarchie 1867-1914