(c) 2022 by IE Dr. hc Simone Mayer, Wien, alle Rechte vorbehalten
Unter dem Begriff Habsburgermonarchie auch Habsburger, Habsburgische oder österreichische Monarchie, Donaumonarchie oder Habsburgerreich fasst die Geschichtswissenschaft die europäischen Herrschaftsgebiete zusammen, die das Haus Habsburg (seit 1736 Habsburg-Lothringen) vom ausgehenden Mittelalter bis 1918 direkt regierte. Sie bestanden im Kern aus den habsburgischen Erblanden und den Ländern der böhmischen und der ungarischen Krone sowie bis zur Ablösung bzw. Unabhängigkeit der Vereinigten Niederlande und Belgiens auch den burgundischen Niederlanden, außerdem großen Teilen Italiens. Seit der Thronbesteigung Karls I. in Spanien 1516 und bis zum Spanischen Erbfolgekrieg Anfang des 18. Jahrhunderts schließt die Bezeichnung „Habsburgerreich“ auch die Länder der spanischen Krone ein, die allerdings seit der Trennung in eine österreichische und eine spanische Linie der Habsburger nach Karls Abdankung getrennt beherrscht wurden; man spricht für diese Zeit von der österreichischen und der spanischen Habsburgermonarchie. Nicht zum Habsburgerreich zählen die reichsunmittelbaren Territorien des Heiligen Römischen Reichs, über welche die Habsburger in ihrer Funktion als Kaiser nur eine indirekte Oberherrschaft ausübten. Das habsburgische Länderkonglomerat im östlichen Mitteleuropa war im Wesentlichen durch geschickte Heiratspolitik entstanden und wurde seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert durch Eroberungen auf Kosten des Osmanischen Reichs wesentlich erweitert. Seit Ferdinand I., einem Bruder Karls V., wurde es von der österreichischen und seit Ferdinand II. von der innerösterreichischen Linie der Dynastie regiert. Diese trägt seit der Heirat Maria Theresias, der Tochter des letzten männlichen Thronerben, mit Franz Stephan von Lothringen den Namen Habsburg-Lothringen. Der römisch-deutsche Kaiser Franz II. schuf 1804 als Reaktion auf die bevorstehende Krönung von Napoleon I. zum französischen Kaiser und den absehbaren Zerfall des Heiligen Römischen Reiches eigenmächtig die österreichische Kaiserwürde. Das daraus entstandene Kaisertum Österreich regierte er fortan als Franz I., während er das Reich 1806 für aufgelöst erklärte. Aus dem Kaisertum Österreich entstand nach dem so genannten Ausgleich von 1867 in Form einer Doppelmonarchie die österreichisch-ungarische Monarchie, die am 2. Juni 1868 in einem Staatsvertrag mit Schweden und Norwegen erstmals offiziell so bezeichnet wurde. Österreich und das nunmehr gleichberechtigte Königreich Ungarn, für deren Vielvölkerreich er nun Kaiser und König war, wurden in Realunion beide weiter von Franz Joseph I. regiert, regelten aber verpflichtend nur noch Außenpolitik und Militärangelegenheiten sowie freiwillig Teile der Wirtschaftspolitik (Währung, Zölle) gemeinsam. Die Realunion endete nach der Niederlage der Habsburgermonarchie als einer der verbündeten Mittelmächte im Ersten Weltkrieg unter Franz Josephs Nachfolger Karl I. am 31. Oktober 1918. Bereits zuvor hatten die meisten nichtdeutschen und nichtmagyarischen Völker Cisleithaniens und Transleithaniens die absehbare Niederlage der Habsburger k.u.k. Armee dazu genutzt, ihre politische Eigenständigkeit durch Gründung neuer Staaten durchzusetzen. In Deutschösterreich wurde am 12. November 1918, einen Tag nach dem Regierungsverzicht Kaiser Karls I., die Gründung der Ersten Republik (bis 1933) ausgerufen. Damit fand die über 630-jährige Herrschaft des Hauses Habsburg ihr Ende. Karl unternahm 1921 zwei vergebliche Versuche, die Herrschaft im nominell weiterbestehenden Königreich Ungarn zurückzuerlangen. Auf Drängen der Siegermächte im Verbund mit der Kleinen Entente verabschiedete das ungarische Parlament daraufhin im November 1921 das Dethronisationsgesetz, das ihm und dem Haus Habsburg-Lothringen die Krone endgültig entzog. Übersicht Die Wurzeln der Habsburgermonarchie datieren in die Jahre 1276–1278, als Rudolf IV. Graf von Habsburg, der 1273 als Rudolf I. römisch-deutscher König geworden war, sein Haus mit den Herzogtümern Kärnten und Krain und dann auch mit den Herzogtümern Österreich und Steiermark belehnte und damit nach dem Intermezzo mit Ottokar II. Přemysl von Böhmen das Erbe der Babenberger antrat. Seit diesem Datum regierten die Habsburger mit nur kurzen kriegerischen Unterbrechungen ihre Hausmacht in Zentraleuropa. Seit Rudolf Kaše (als Graf der VI., als König I.) 1307 waren Habsburger (mit Unterbrechungen) Könige in Böhmen, seit Albrecht (als Graf der V., als Kaiser I.) 1437 Könige in Ungarn. Ununterbrochen regierten sie diese Länder seit Ferdinand I. 1526/27. Seit dieser Zeit gehörte die habsburgische Monarchie – deren Westen Teil des Heiligen Römischen Reiches war, während der Osten außerhalb des Reiches lag – zu den Großmächten Europas. Mit Maximilian I., dem letzten Ritter, bildete sich mit seiner Hochzeit und seinem Amtsantritt als Herzog von Burgund 1477 das Haus Österreich- Burgund, ab dieser Zeit etwa spricht man von der Habsburgermonarchie im eigentlichen Sinne. Auf dem Höhepunkt der Ausdehnung ihrer dynastischen Besitzungen und Regentschaften teilte sich die habsburgische Universalmonarchie 1556 mit der Abdankung Karls V., der als deutscher Kaiser und König in Spanien ein Weltreich beherrscht hatte, in dem die Sonne nicht untergeht, in eine österreichische und eine spanische Linie. Letztere wird auch „Haus Österreich“ oder Casa de Austria genannt, ihr Weltreich, die spanische Habsburgermonarchie, ist aber nicht Gegenstand dieses Artikels. Ein „Geburtsdatum“ der (österreichischen) Habsburgermonarchie kann auch mit dem Wormser Teilungsvertrag vom 28. April 1521 bzw. dem folgenden Brüsseler Vertrag vom 7. Februar 1522 gegeben werden,[4] in dem die Übergabe der österreichischen Lande von Karl V. an seinen Bruder Ferdinand I. geregelt wurde. Allerdings gab es noch 1550 den am Widerstand der deutschen Kurfürsten und an der hinhaltenden Politik seines Bruders gescheiterten Versuch Karls V., seinen Sohn Philipp, den späteren spanischen König, zum König von Deutschland wählen zu lassen und das Universalreich auf diese Weise beisammenzuhalten. Die getrennte Erbfolge der spanischen und österreichischen Linie (Hausordnung vom 25. Februar 1554) kann man daher als das entscheidende Datum der Trennung der beiden Linien betrachten, wobei die gegenseitigen vorrangigen Erbansprüche im Falle des Erlöschens einer Linie dennoch erhalten blieben. Die spanische Linie starb im November 1700 aus. Frankreich, der große Widersacher der Habsburger dieser Ära (siehe habsburgisch-französischer Gegensatz), konnte im Spanischen Erbfolgekrieg eine neuerliche habsburgische „Einkreisung“ verhindern, und die Bourbonen übernahmen die spanische Krone. Die Habsburger konnten nur außerspanische Gebiete des Erbes ihrer spanischen Verwandten, vor allem die Österreichischen Niederlande und das Königreich Neapel, für die österreichische Linie erhalten. 1740 starben die österreichischen Habsburger im Mannesstamm aus. Auf Grund der zuvor erlassenen Pragmatischen Sanktion übernahm Maria Theresia von Österreich die sonst nur Männern vorbehaltenen Herrscherrechte (ausgenommen die Kaiserkrone, die im Heiligen Römischen Reich Männern vorbehalten war) und gründete mit ihrem Gatten das nachfolgende Herrscherhaus Habsburg-Lothringen. Es wurde zwar im Österreichischen Erbfolgekrieg angefochten, die Monarchie ging aus dem Krieg aber konsolidiert hervor. Maria Theresias Sohn, der Reformer Joseph II., strebte danach, die Habsburgermonarchie zu einem einheitlichen Staat mit deutscher Amtssprache zu entwickeln, scheiterte damit aber vor allem in Ungarn. Dennoch war laut Ernst Trost „Deutsch das Esperanto der Donauländer“. Durch die 1804 während der Koalitionskriege erfolgte Konstituierung der dem Haus Habsburg-Lothringen unmittelbar untertanen Länder als Kaisertum Österreich eine Reaktion auf die Selbstkrönung Napoleons I. wenige Monate zuvor wurde die Habsburgermonarchie, schon seit Maria Theresia zentral von Wien aus verwaltet, auch offiziell zum selbstständigen Staat. Das Heilige Römische Reich wurde 1806 für nicht mehr bestehend erklärt. Das Kaisertum Österreich blieb bis zum Ausgleich zwischen Österreich und Ungarn von 1867, als Österreich-Ungarn als Doppelmonarchie, als Realunion der zwei Staaten, definiert wurde, ein einheitlicher Staat. Einheitlich blieben in der Folge bis 1918 obligatorisch der Monarch, die Außenpolitik, Heer und Kriegsmarine sowie fakultativ vereinbarte Wirtschaftsstandards wie die gemeinsame Gulden-, dann Kronenwährung. Aufgrund ihrer Größe, ihrer Bevölkerungszahl und des Geltungsanspruchs ihrer Dynastie war die Habsburgermonarchie einer der wichtigsten Staaten Europas (der Pentarchie). In wechselnden Allianzen kämpfte sie in den meisten europäischen Kriegen mit. Als sich im 19. Jahrhundert der Nationalismus als mächtige Staatsidee in Europa etablierte, verlor Österreich-Ungarn als Gesamtstaat sukzessive Einfluss und hatte auf Grund seiner Multinationalität als Vielvölkerstaat immer größere Probleme in der Innenpolitik beider Teilstaaten. Sie führten am Ende des verlorenen Ersten Weltkriegs zur Auflösung der Habsburgermonarchie. Besonderheiten Die Habsburgermonarchie unterschied sich grundlegend von anderen Herrschaftsgebieten und Gesellschaften Europas. Westeuropäische Historiker stuften die Monarchie als politische Anomalie ein, deren strukturelle Schwäche dazu führte, dass sie sich ständig in einem Zustand der Krise und des drohenden Verfalls befand. Der Verlauf der Geschichte der Habsburgermonarchie wurde im Wesentlichen durch fünf Merkmale bestimmt: Einflüsse der Geopolitik und die Diplomatie des Gleichgewichts der Kräfte; die Unterschiedlichkeit und Individualität der habsburgischen Länder; die Identifikation der Habsburger-Dynastie mit dem Heiligen Römischen Reich; die Abhängigkeit, Konsens zwischen ihrer inländischen Elite und ausländischen assoziierten Mächten erreichen zu müssen: die Rolle der Monarchen selbst, Kontinuität und Sicherheit ihrer Herrschaftsgebiete zu gewährleisten. Monarchien wie Großbritannien, Frankreich oder Spanien konnten ihre Länder (zumindest vorübergehend) zu Nationalstaaten entwickeln, die auf eine gewisse Kontinuität als geografische Einheit zurückgeführt werden konnten; eine Einheit, die einen grundlegenden Grad an ökonomischer, kultureller und sprachlicher Homogenität förderte. Die separatistischen Bewegungen seit dem 19. Jahrhundert in Belgien (1830 Abspaltung von den Vereinigten Niederlanden), Norwegen (1905 Trennung von Schweden), Irland (Abspaltung des Großteils von Großbritannien), Schottland (Unabhängigkeitsreferendum 2014 gescheitert), im Baskenland und in Katalonien (Unabhängigkeitsreferendum angekündigt) zeigen, dass solche Entwicklungen nicht endgültig sein müssen. Im Kontrast dazu verfolgten die Habsburger eine auf Erweiterung angelegte Heirats- und Erbschaftspolitik, um unter ihrer Herrschaft auch völlig unterschiedliche Länder zu versammeln. Die Monarchie war bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts in hohem Maße dezentral organisiert. Jedes einzelne Königreich, Herzogtum, Fürstentum, jede Grafschaft, die unter Habsburgs Herrschaft gelangte, behielt die eigene Landesregierung, die fast unabhängig von Wien operierte. Die Stände des Landes hatten die Macht und das Recht, über die Forderungen des Landesfürsten zu verhandeln. Die Interessen der Stände und der Adeligen erhielten oft Vorrang vor denen des Landesfürsten; andernfalls musste er die für ihn positive Entscheidung oft mit Kompromissen, Privilegien oder anderen Zugeständnissen erkaufen. Im Gegensatz zu vielen anderen Monarchien im frühneuzeitlichen Europa versuchten die habsburgischen Herrscher zumeist, mit Adel und Klerus Konsens herzustellen, oft zu Lasten der Bürger in den Städten und der Untertanen der ländlichen Grundherrschaften, die beinahe völlig aus der Landespolitik ausgeschlossen waren. Gesamtstaatliche Institutionen Ferdinand I. richtete während seiner Regierung (1521–1564) verschiedene Staatsorgane ein, um die Leitung der Monarchie zu verbessern: Der Geheime Rat beriet den Monarchen in seiner Politik für das Heilige Römische Reich und für die (teilweise außerhalb des Reiches gelegenen) habsburgischen Länder. Die Hofkammer war in der Habsburgermonarchie Vorläuferin des Finanzministeriums. Der Hofkriegsrat war finanziell und organisatorisch für die militärischen Angelegenheiten der Monarchie zuständig. Unter Ferdinands Nachfolgern wurden diese Behörden kaum modernisiert: Die Geheime Konferenz wurde von Leopold I. errichtet, um den Geheimen Rat zu ersetzen, nachdem dieser durch kaiserliche Patronage zu viele Mitglieder bekam. Es dauerte allerdings nicht lange, bis auch die Geheime Konferenz mit den gleichen Problemen zu tun hatte wie vorher der Geheime Rat. Der Consejo de España wurde von Karl VI. gegründet, um ihn (vergeblich) bei der Durchsetzung seiner spanischen Herrschaftsansprüche zu beraten. Unter Maria Theresia und ihren Nachfolgern wurde das Behördenwesen gründlich reformiert. Die meisten Reformen blieben aber auf die österreichischen Erblande einschließlich der Länder der Böhmischen Krone beschränkt und umfassten Ungarn nicht: Die Staatskanzlei wurde 1742 errichtet, um die ausländische Politik der Habsburgermonarchie wie auch die des Heiligen Römischen Reiches festzulegen. Diese Kompetenzen wurden der Geheimen Konferenz entzogen. Das Generalkriegskommissariat, 1746 errichtet, erhielt die Kontrolle über die militärische Nachschubversorgung und hatte in der Praxis mehr Autorität über Kriegsangelegenheiten als der Hofkriegsrat jemals gehabt hatte. Das Directorium in Publicis et Cameralibus (1749 errichtet) war ein übergreifendes Organ der Erblande. Entstanden aus der Zusammenlegung von böhmischer und österreichischer Hofkanzlei, bildete es mit Ausnahme der ungarischen Länder unter verschiedenen Namen und öfter wechselnden Kompetenzen bis 1848 die oberste Zentralstelle der politischen Verwaltung. Zu den Agenden gehörten unter anderen auch Angelegenheiten der Landwirtschaft, des Sanitätswesens, des Handels und Gewerbes, des Steuer- und Abgabenwesens, der Justizbehörden, der Gesetzgebung, des Bürgermilitärs und Ähnliches. Die Conferenz in Internis unterstand dem Directorium und hatte die Aufgabe, gemeinsame Richtlinien innerhalb der Erblande zu bestimmen. Die Oberste Justizstelle, ebenfalls dem Directorium unterstellt, fungierte in den Erblanden als oberster Gerichtshof. Der Consejo de España wurde in Consiglio d’Italia umbenannt und wurde der Staatskanzlei untergeordnet. Der Staatsrat, 1760 errichtet, war oberstes Beratungsorgan des Monarchen, der bei Bedarf selbst den Vorsitz führte. Die Studienkommission, 1760 errichtet, bekam die Befugnis, den obligatorischen Schulunterricht innerhalb der Erblande zu verbreiten. Habsburgische Länder Stammlande der Habsburger Die eigentlichen Stammlande der Habsburger, wie sie seit dem mutmaßlichen Gründer der Habsburg, Radbot Graf im Klettgau, im 11. Jahrhundert historisch fassbar sind, sind Besitzungen in der heutigen Schweiz und im Elsass. Schon Rudolf von Habsburg, der erste habsburgische deutsche König, herrschte über Gebiete zwischen Vogesen, Schwarzwald und Vierwaldstättersee. Zu diesen Besitzungen kam, als die Habsburger die Babenberger beerbten, der heute österreichische Raum. Wesentlichen Anteil hatten die Habsburger bei den frühen Stadtgründungen und am Aufbau von Baden, Bremgarten, Brugg, Königsfelden, Laufenburg, Sursee sowie Waldshut. Diese Städte führen zum Teil noch heute das Habsburger Löwenwappen. Um 1385 gehörten zu den wichtigsten Besitzungen der Stammlande die Landgrafschaften, Herrschaften und Vogteien Sundgau, Breisgau, Rheinfelden, Kyburg, Thurgau, Nellenburg, Baden, Lenzburg, Willisau, Rothenburg, Wolhusen, Rapperswil, Gaster, Glarus, Feldkirch, und Freiburg im Üechtland. In dieser Zeit gingen die Stammlande an die Alte Eidgenossenschaft verlustig, die Reste werden unter dem Territorium Vorderösterreich zusammengefasst. Von den Stammlanden hielten sich nur Laufenburg und Rheinfelden bis 1802, Tarasp bis 1807, und in Reminiszenz die Titel Gefürsteter Graf von Habsburg und Kyburg im Großen Titel des Kaisers bis 1918. Später, als diese Besitzungen im Westen weitgehend verloren waren und der Begriff Erblande sich auf die ungarischen Länder und böhmischen Kronländer ausgedehnt hatte, fasste man unter Stammlande die noch aus der Babenbergerzeit übernommenen und in den frühen Jahren der Dynastie erworbenen Herrschaften, das „alte“ Erzherzogtum Österreich (als Titel) und seine herzoglichen, gräflichen und sonstigen Nebenländer, zusammen. Habsburgische Erblande Mit dem Begriff Habsburgische Erblande werden die von den Habsburgern beherrschten Territorien bezeichnet, in denen das Haus Österreich den erblichen Fürsten stellte und die schon längere Zeit im Besitz der Dynastie waren. Der Inhalt dieses Begriffs hat sich mit der Zeit gewandelt. Er diente auch als Abgrenzung für die familiäre Hausmacht innerhalb des Heiligen Römischen Reiches, als dessen König oder Kaiser ab 1273 mehrmals und ab 1438 in fast durchgehender Folge Habsburger Fürsten gewählt wurden. Die Habsburgischen Erblande umfassten damals bereits große Gebiete des deutschen Sprachraumes, teilweise auf Gebieten der heutigen Schweiz, Deutschlands, Frankreichs und Österreichs sowie im heutigen Ungarn, Italien, Slowenien und Kroatien. Nach Aufhebung der ständischen Verfassung im Königreich Böhmen (Verneuerte Landesordnung 1627) wurde dieses wie seine Nebenländer Mähren und Schlesien ebenso als erblich erklärt, wie dies nach der Pragmatischen Sanktion von 1713 auch mit dem Königreich Ungarn geschah, womit sich die Habsburgermonarchie in einem frühen staatlichen Sinne als Einheit ausbildete. Obwohl die Bevölkerung der ursprünglichen Erblande großteils aus Deutschen bestand und die Habsburger diese Gebiete für Jahrhunderte regierten, entstand neben der deutschen Identität ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts innerhalb eines gemeinsamen Deutschlands sukzessive auch ein verstärktes, dynastisch orientiertes Österreichbewusstsein. Die Landtage hatten ein großes Maß an Autonomie gegenüber den habsburgischen Herrschern, die sich zuallererst als deutsche Fürsten sahen. Das Bestreben, auch das Königreich Ungarn (also die ungarische Krone und ihre Nebenländer) als Erblande anzusehen immerhin hatten die Habsburger den Großteil des Landes von den Osmanen (zurück-)erobert wurde mit dem Ausgleich von 1867 hinfällig (dass Franz Joseph und Elisabeth nochmals formell in Budapest zum ungarischen Königspaar gekrönt wurden, war eine Demonstration des Abgangs von dieser Staatstheorie). Die von Maximilian I. durch Heirat mit der Herzogin Maria von Burgund und deren Tod 1482 zum Haus Habsburg gekommenen burgundischen Territorien (Besitzungen im Rheingebiet, vor allem die Niederlande) wurden indes nie zu den Habsburgischen Erblanden gerechnet und kamen an die spanischen Habsburger. Für die später in die Monarchie eingegliederten Territorien, z. B. Galizien, Bukowina und Dalmatien, wurde der Begriff ebenfalls nicht verwendet. Erzherzogtum Österreich und seine Nebenländer und Gebiete Im 15. Jahrhundert gehörten Niederösterreich (heutiges Niederösterreich, Oberösterreich), Innerösterreich (heutiges Steiermark und Kärnten, historisches Krain, um 1500 zählte man auch die Grafschaft Görz zu den Erblanden), Oberösterreich (historisches Tirol und heutiges Vorarlberg) sowie Vorderösterreich (ehem. Vorlande, verbliebene Stammlande und neuerworbene Besitzungen in der heutigen Schweiz, Bayern, Baden) dazu. Länder der Böhmischen Krone Die Länder der Böhmischen Krone (tschechisch: Země koruny české) umfassten Böhmen, Mähren, die Grafschaft Glatz und Schlesien (ab 1742 nur Österreichisch-Schlesien) sowie die beiden Lausitzen (zwei 1635 mit allen landesherrlichen Rechten an Sachsen abgetretene Markgrafschaften) und andere Nebenländer. Die böhmischen Länder waren formal in einer Personalunion verbunden, der König von Böhmen war zugleich Herzog von Schlesien und Markgraf von Mähren. Die anderen Länder waren in Böhmen inkorporiert und Titularansprüche. An Habsburg kam die Böhmische Krone, vorher beim Haus Jagiełło, nach der Schlacht bei Mohács (1526) gegen die Osmanen, als die Stände Ferdinand I., den Bruder Kaiser Karls V., zum böhmischen König erkoren. 1627 wurde durch Ferdinand II. die Verneuerte Landesordnung erlassen, worin die Böhmische Krone als erblich erklärt wurde. Dadurch wurden die böhmischen Länder zu den habsburgischen Erblanden gezählt, sowohl von den Habsburgern selbst als auch vom böhmischen Adel, und ein langsamer Prozess der Integration mit den österreichischen Erblanden wurde in Gang gesetzt. Vom Ausgleich 1867 an wurde für die im Kaisertum verbliebenen Länder der Begriff Die im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder verwendet (Cisleithanien). Schon seit 1848 hatten sich, speziell in Böhmen, tschechische Abspaltungstendenzen gezeigt; ein österreichisch-tschechischer Ausgleich ähnlich dem Ausgleich mit Ungarn kam aber nicht zustande, da die große deutsche Minderheit in den böhmischen Ländern es ablehnte, unter tschechische Herrschaft zu geraten, und lieber von Wien aus regiert werden wollte. In Mähren kam es 1905 zu einem ausgewogenen Mährischen Ausgleich; in Böhmen herrschte aber statt Kooperation der Nationalitäten Konfrontation: Nach deren Eskalation wurde der böhmische Landtag 1913 aufgelöst. Im Ersten Weltkrieg sah die k.k. Regierung 1915 die Chance, den Ausdruck Österreichische Länder für ganz Cisleithanien einzuführen; parlamentarische Opposition der Tschechen war nicht zu befürchten, da der Reichsrat seit 1914 vertagt war. Länder der ungarischen Krone Die Länder der Heiligen Ungarischen Stephanskrone (Ungarisch: Szent István Koronájának Országai, Kroatisch: Zemlje krune Svetog Stjepana, Slowakisch: Krajiny Svätoštefanskej koruny) lagen in den heutigen Ländern Ungarn, Slowakei, Ukraine, Rumänien, Serbien, Kroatien, Slowenien und Österreich. Im Gegensatz zu den anderen Teilen der Habsburgermonarchie lagen diese Länder bzw. Landesteile außerhalb des Heiligen Römischen Reichs. Der ungarische Landtag bestand größtenteils aus magyarischen Adeligen und hatte das Recht, den König zu wählen. Auch ein vereinigter Landtag des Königreichs Slawoniens und des Königreichs Kroatien hatte dieses Recht, unabhängig von der Auswahl Ungarns. 1687, während des Großen Türkischen Kriegs, erklärte der ungarische Landtag die Heilige Ungarische Stephanskrone für erblich. Als Gegenleistung mussten die Habsburger dem ungarischen Adel erhebliche Konzessionen zugestehen: Der Landtag musste regelmäßig einberufen werden, Ungarn durfte sich teilweise selbst regieren und die Adeligen wurden von der Steuerpflicht befreit. Dadurch erhielt Ungarn einen besonderen Rang innerhalb der Habsburgermonarchie, den es bis 1867 zumeist bewahren konnte. 1867 fand der österreichisch-ungarische Ausgleich statt, mit dem Ungarn 1867–1918 zur vollen inneren Selbstständigkeit gelangte. Seit damals spricht man von Transleithanien. Weitere Länder Neben den Gebieten, die die Habsburger nach dem Tod von Ludwig II. erbten, wurden zwischen 1526 und 1804 auch andere Gebiete der österreichischen Habsburgermonarchie angeschlossen. Einige wurden vom Osmanischen Reich erobert, andere wurden nach dem Aussterben der spanischen Habsburger erlangt. Galizien kam durch die Polnischen Teilungen an das Haus Österreich. Das Großherzogtum Toskana, das Herzogtum Parma und das Herzogtum Modena wurden zeitweise von Habsburgern (als Sekundogenituren) regiert, bildeten aber keinen Teil ihrer zumeist von Wien aus regierten Monarchie.
Habsburgermonarchie
Österreichs Doppeladler (1866) Hauswappen (1512) Territoriale Entwicklung der Habsburgermonarchie Gelb: Die Habsburgischen Erblande 1648