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In Spanien hob die Verfassung von 1837 in ihren Artikeln 4 bis 6 sämtliche Adelsprivilegien auf und stellte Adel und Bürgertum rechtlich gleich; Artikel 47 ermöglichte dem König aber weiterhin die Verleihung von Titeln. Beides gilt auch heute unter der Verfassung des Königreichs Spanien von 1978, ersteres nach dem Gleichheitsgrundsatz in Artikel 14, letzteres als Ausfluss der Staatsform der parlamentarischen Monarchie. Zwischenzeitlich gab es aber andere Rechtsordnungen: Die Erste Spanische Republik von 1873 hob Titel und Oberhaus auf. König Alfons XII. stellte 1875 die Adelsränge wieder her. Die Verfassung der Spanischen Republik von 1931 hob sie wieder auf. Unter Francisco Franco wurden die Titel im Jahre 1948 wieder eingeführt. Die Granden von Spanien (spanisch Grandes de España) Granden sind die Inhaber des Grandentitels, der vom König verliehen wird. Er ist in aller Regel, aber nicht notwendig an einen Adelstitel gebunden und wird vom Monarchen erblich verliehen. Der Grandentitel verschafft seinen Inhabern den protokollarischen Vortritt vor anderen Adligen und einige wenige zeremonielle Rechte. Der alte Adel wurde unter den Königen Karl III. und Karl IV. durch viele Nobilitierungen erheblich geschwächt. König Joseph Bonaparte schaffte den Grandentitel ab; nach der Rückkehr der Bourbonen wurde er wieder eingeführt. 1834 wurde den Granden Sitze in der Estamento de Próceres (Kammer der Pairs) eingeräumt, die aber nur bis 1836 existierte. Die Spanische Verfassung von 1837 hob die Vorrechte der Granden, wie des Adels insgesamt, auf. Ein empfindlicher Stoß gegen die Position der Granden war die von den Cortes verfügte Abschaffung der Majorate im Jahre 1855: Für viele Familien führte sie zum Ruin, andere arbeiteten sich auf dem Gebiet des Handels, des Gewerbes und der Kunst wieder empor. Anfang des 20. Jahrhunderts lebten etwa 200 Grandenfamilien in ungesicherten Verhältnissen und hatten nicht einmal das Recht, ihre alten Titel zu führen, denn bei jedem Übergang des Titels vom Vater auf den Sohn mussten hohe Abgaben an den Fiskus entrichtet werden, was die finanziellen Möglichkeiten der meisten Geschlechter überstieg. Während der alten Monarchie bis 1931 waren 392 Granden im spanischen Staatskalender aufgeführt, von denen nur 35 ausreichenden Vermögensstatus hatten, um ihren Sitz im Senat einnehmen zu können. 1931 wurde die Grandenwürde mit dem Adel insgesamt abgeschafft. Dem Spanischen Bürgerkrieg fielen manche Granden zum Opfer, von ihren Nachfahren verschwanden etliche spurlos in der Bevölkerung. 1948 lebte die Grandenwürde wieder auf, ohne aber ihren Trägern andere als rein zeremonielle Rechte einzuräumen. Titulierter Adel (spanisch Titulados) Er besteht aus folgender Rangfolge der Adelstitel: Principe, Duque, Marqués, Conde, Vizconde und Barón. Der Titel Don/Doña, ursprünglich dem König und der Königin vorbehalten, wird heute für alle Standespersonen als Höflichkeitsbezeichnung verwendet und vor den Vornamen gesetzt. Wie beim britischen Adelsprädikat Sir wird ein Titelträger mit Don und Vorname angeredet, zum Beispiel Don Alfonso. Nobilitierungen und Standeserhöhungen werden durch den König vorgenommen; zum Beispiel erhob König Juan Carlos I. seinen ersten Ministerpräsidenten Adolfo Suárez zum erblichen Herzog, den Künstler Salvador Dalí zum Marqués de Púbol und den Komponisten Joaquín Rodrigo zum Marqués de los Jardines de Aranjuez. Im Jahre 1992 existierten 4 Titel für die königliche Familie, 404 Grandentitel von Spanien und 2.351 Adelstitel. Da einige Träger mehrere Titel auf sich vereinen, gibt es weniger Personen als Titel (zum Beispiel führte die 18. Duquesa de Alba insgesamt 50 Titel). Es gibt sowohl erbliche Adelstitel als auch persönliche, die mit dem Ableben des Trägers erlöschen. Die Adelstitel stehen unter staatlicher Kontrolle; die Übertragung eines erblichen Titels muss vom rechtmäßigen Erben beantragt werden. Die Adelstitel vererben sich nach jüngster Reform in absoluter Primogenitur, ohne Ansehung des Geschlechts, an das jeweils älteste Kind, sofern sie nicht bei Lebzeiten mit Genehmigung des Monarchen an Nachfahren abgetreten werden; auf diese Weise können lange Titularketten auch auf mehrere Erben aufgeteilt werden. Untitulierter Adel (spanisch Hidalgos) Der niedere, untitulierte Adel besteht aus den Ständen der Hidalgos (katalonisch Ciudadnos oder Burgueses honrados) sowie den Caballeros und Escuderos, die unter der Bezeichnung Hidalgos zusammengefasst werden. Der Geblütsadel bzw. historische Ritterstand der Hidalgos hidalgos de sangre kann nur durch adelige Geburt erlangt und vom König auch nicht verliehen werden. Die Hidalgos stellen eine regional teilweise sehr zahlreiche Bevölkerungsgruppe dar. Da sie aber keine Titel führen und die Privilegien des Adels seit 1837 aufgehoben sind, ist ihre Adelszugehörigkeit eine rechtlich bedeutungslose historische Erinnerung. Daher unterliegen die Hidalgos auch keiner direkten staatlichen Kontrolle. Ihre Nachkommen haben sich aber in der Königlich Spanischen Adelskorporation, der Real Asociación de Hidalgos de España zusammengeschlossen, die über die Einhaltung des historischen Adelsrechts wacht. Die Mitglieder werden persönlich in einer Adelsmatrikel geführt. Dieser Adelsverband ist Mitglied im Dachverband der europäischen Adelsverbände (C.I.L.A.N.E.).
Spanischer Adel