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Die britische Monarchie ist die parlamentarische Monarchie des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Gegenwärtige Monarchin ist seit dem 6. Februar 1952 Königin Elisabeth II. Sie und ihre engeren Familienangehörigen nehmen verschiedene offizielle, zeremonielle und repräsentative Funktionen wahr. Die Königin besitzt zwar theoretisch die Befugnisse eines konstitutionellen Monarchen, übt ihre Hoheitsrechte aber aufgrund eines jahrhundertealten Gewohnheitsrechts nicht mehr selbstständig aus, sondern ausschließlich gemäß den Vorgaben von Parlament und Regierung. Aus diesem Grund ist sie de facto ein parlamentarischer Monarch. Auch die Existenz der Kronbesitztümer Isle of Man und Kanalinseln ändert nichts an diesem Status, weil diese rechtlich kein Teil des Vereinigten Königreichs sind. Um das Jahr 1000 hatten sich die Königreiche England und Schottland aus mehreren kleinen frühmittelalterlichen Königreichen entwickelt. Die Herrschaft der Angelsachsen endete 1066 während der normannischen Eroberung Englands. Im 13. Jahrhundert absorbierte England das Fürstentum Wales, und mit der Magna Carta begann der Prozess der schrittweisen Entmachtung des Monarchen. 1603 bestieg der schottische König James VI. als James I. den englischen Thron, wodurch beide Königreiche in Personalunion regiert wurden. Von 1649 bis 1660 gab es mit dem Commonwealth of England eine kurze republikanische Phase. Der 1701 beschlossene Act of Settlement, der heute noch in Kraft ist, schloss Katholiken oder mit Katholiken verheiratete Personen von der Thronfolge aus. 1707 schlossen sich England und Schottland zum Königreich Großbritannien zusammen. Durch den Zusammenschluss mit dem Königreich Irland entstand 1801 das Vereinigte Königreich Großbritannien und Irland. Der britische Monarch war nominelles Oberhaupt des Britischen Weltreichs, das zum Zeitpunkt seiner größten Ausdehnung ein Viertel der Landfläche der Erde umfasste. 1922 spaltete sich der Irische Freistaat ab, in welchem der Monarch bis 1949 Staatsoberhaupt blieb. Mit dem Ende des Britischen Weltreichs nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm der britische Monarch den zeremoniellen Titel des Oberhauptes des Commonwealth of Nations, einer losen Verbindung des Vereinigten Königreichs und der ehemaligen Kolonien. 15 unabhängige Staaten, die so genannten Commonwealth Realms, teilen sich weiterhin dasselbe Staatsoberhaupt mit dem Vereinigten Königreich. Jeder dieser Staaten bildet aber ein rechtlich eigenständiges Königreich. Das Amt und seine Bedeutung Konstitutionelle und politische Rolle Der Monarch besitzt einen hohen symbolischen Stellenwert als „Zeichen der nationalen Einheit“ und ist gemäß der ungeschriebenen britischen Verfassung das Staatsoberhaupt. Treueide werden auf ihn und seine rechtmäßigen Nachkommen abgelegt, nicht etwa auf das Parlament oder die Nation. God Save the Queen (bzw. God Save the King bei einem männlichen Monarchen) ist die britische Nationalhymne. Darüber hinaus erscheint das Porträt des Monarchen auf Briefmarken, Münzen und Banknoten. Die politischen Machtbefugnisse des Monarchen sind in der Praxis durch Gesetze, Gewohnheitsrechte und Präzedenzfälle stark eingeschränkt. War der Monarch früher noch befugt, auch ohne Rücksicht auf das Parlament eigene Dekrete zu erlassen, völkerrechtliche Verträge abzuschließen oder Krieg zu erklären, so darf er diese Hoheitsrechte heutzutage nur noch gemäß dem Rat und mit Zustimmung des Premierministers oder anderer Minister ausüben. Somit sind Staatsakte im Namen der Krone, selbst wenn sie vom Monarchen persönlich vorgenommen werden, abhängig von Entscheidungen, die von anderen getroffen wurden. Dieses Recht wird von der Regierung häufig genutzt, um Gesetze am Parlament vorbei zu erlassen, wie etwa beim Beitritt Großbritanniens zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft oder der Kriegserklärung im Falklandkrieg. Wie weit diese Rechte reichen dürfen, ist umstritten und war etwa beim Brexit Gegenstand politischer Debatten. Die eigenständigen konstitutionellen Befugnisse des Monarchen sind somit seit dem 19. Jahrhundert zum größten Teil auf unparteiische Funktionen wie Ehrungen beschränkt. Der Verfassungstheoretiker Walter Bagehot bezeichnete 1867 in seinem Werk The English Constitution die Monarchie als den „würdevollen Teil“ des Staates, die Regierung und das Parlament hingegen als den „arbeitenden Teil“. Ob und in welchem Umfang der Monarch in außergewöhnlichen Umständen seine Herrschaftsrechte tatsächlich ausüben kann oder soll, ist umstritten. Jegliche nicht abgesprochene Handlung dieser Art hat das Potenzial, eine Verfassungskrise auszulösen. Wann immer nötig, ist der Monarch verantwortlich für die Ernennung eines neuen Premierministers und sämtlicher anderen Minister. Letzteres geschieht auf Vorschlag des Premierministers, der somit die Regierung kontrolliert. In Übereinstimmung mit ungeschriebenem Gewohnheitsrecht mit Verfassungscharakter muss der Monarch diejenige Person ernennen, welche über die Unterstützung des House of Commons verfügt, üblicherweise den führenden Politiker der Mehrheitspartei. Der Premierminister übernimmt sein Amt im Rahmen einer Privataudienz beim Monarchen; dieser Vorgang wird auch als Kissing Hands („Händeküssen“) bezeichnet. Erreicht keine Partei die absolute Mehrheit, was beim britischen Mehrheitswahlrecht selten vorkommt, bilden zwei oder mehr Parteien eine Koalition, die sich dann auf einen Kandidaten für das Amt des Premierministers einigen. Kommt keine Einigung zustande, erhöhen sich theoretisch die Auswahlmöglichkeiten für den Monarchen. Dennoch ist es üblich, einen Angehörigen der größten Partei auszuwählen. Der Monarch kann theoretisch den Premierminister entlassen, doch in der Praxis endet dessen Amtszeit nur durch Wahlniederlage, Verlust der Mehrheit im Parlament, Rücktritt oder Tod. Hoheitsrechte Die exekutive Macht der Krone wird mit dem Sammelbegriff Royal Prerogative (Hoheitsrecht) umschrieben. Aufgrund der zahlreichen Einschränkungen übt der Monarch seine Hoheitsrechte ausschließlich auf Anraten von Ministern aus, die dem Parlament gegenüber verantwortlich sind. In den meisten Fällen ist es der Premierminister oder der Privy Council, wobei letzterer heute vom Kabinett kontrolliert wird. Der Monarch trifft sich wöchentlich zu Sitzungen mit dem Premierminister. Es steht ihm zu, seine Meinung zu äußern, muss aber letztlich die Entscheidungen des Premierministers und des Kabinetts akzeptieren (unter der Voraussetzung, dass sie im Unterhaus über die Mehrheit verfügen). Gemäß Walter Bagehot besitzt der Monarch in einer konstitutionellen Monarchie drei Rechte, „das Recht angehört zu werden, das Recht zu ermutigen und das Recht zu warnen.“ Obschon die Hoheitsrechte weitreichend sind und für deren Ausübung die Zustimmung des Parlaments nicht erforderlich ist, sind sie dennoch begrenzt. Zahlreiche Hoheitsrechte werden nicht mehr angewendet, sind faktisch auf den Premierminister übergegangen oder wurden dauerhaft an das Parlament übertragen. Beispielsweise ist es dem Monarchen nicht gestattet, neue Steuern zu erheben und einzutreiben. Eine solche Aktion benötigt zwingend die Genehmigung des Parlaments. Gemäß einem parlamentarischen Bericht aus dem Jahr 2002 „kann die Krone keine neuen Hoheitsrechte einführen“ und das Parlament kann durch Beschluss eines Gesetzes jegliche Hoheitsrechte aufheben. Es ist das Hoheitsrecht des Monarchen, das Parlament einzuberufen, zu vertagen und aufzulösen. Jede Parlamentssession beginnt mit der Einberufung durch den Monarchen. Es folgt die Parlamentseröffnung (State Opening of Parliament), bei der er im Saal des House of Lords die Thronrede hält und dabei die Legislaturziele der Regierung bekanntgibt.[11] Die Vertagung geschieht üblicherweise ein Jahr nach Beginn der Session und beendet diese formell. Auf die Auflösung, die eine Legislaturperiode beendet, folgen Wahlen für alle Sitze des Unterhauses. Der Zeitpunkt der Auflösung wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst. So darf eine Legislaturperiode nicht länger als fünf Jahre dauern; gemäß dem Parliament Act von 1911 erfolgt die Auflösung in diesem Falle automatisch. In der Regel ist es aber so, dass der Premierminister jenen Moment wählt, der für seine Partei die günstigsten Aussichten verspricht. Gemäß den 1950 aufgestellten Lascelles-Prinzipien (benannt nach Alan Lascelles, dem Privatsekretär von George VI.) kann der Monarch theoretisch die Parlamentsauflösung verweigern, doch die Voraussetzungen, unter denen eine solche Aktion gerechtfertigt wäre, sind unklar. Bevor ein durch beide Parlamentskammern verabschiedetes Gesetz in Kraft treten kann, ist die formelle Zustimmung des Monarchen (Royal Assent) erforderlich. Theoretisch kann der Monarch seine Zustimmung geben oder verweigern, doch ist letzteres seit 1707 nicht mehr geschehen, als Königin Anne ein Gesetz über Bürgerwehren in Schottland zurückwies. Zu den Regionalregierungen von Schottland, Wales und Nordirland besteht eine ähnliche Beziehung. Der Monarch ernennt den First Minister Schottlands (First Minister of Scotland) gemäß der Nomination durch das Schottische Parlament und den First Minister von Wales (First Minister of Wales) gemäß der Nomination durch das Walisische Parlament. In Angelegenheiten, die Schottland betreffen, handelt er auf Anraten der schottischen Regierung. Da die Autonomie in Wales weniger weitreichend ist, handelt der Monarch in walisischen Angelegenheiten auf Anraten des Premierministers und des Kabinetts des Vereinigten Königreichs. Der Monarch kann gegen jedes von der Northern Ireland Assembly beschlossene Gesetz das Veto einlegen, wenn der Nordirland-Minister es für verfassungswidrig hält. Theoretisch kann der Monarch die Staatsverwaltung regeln, Reisepässe ausstellen, Krieg erklären, Frieden schließen, Truppen anführen sowie Abkommen, Allianzen und internationale Vereinbarungen aushandeln und ratifizieren. Ein Abkommen darf jedoch keine Auswirkungen auf Gesetze des Vereinigten Königreichs haben; in diesem Falle ist ein Parlamentsbeschluss notwendig. Allerdings ist dem Throninhaber und Thronnachfolger durch das Queen's Consent (übersetzt: Zustimmung der Königin) das Recht verbürgt, Gesetzesentwürfe einsehen zu dürfen und bei Entwürfen, die die privaten Interessen der britischen Königsfamilie betreffen, vorab in der Gesetzgebung Einfluss auf die Gesetzesgestaltung zu nehmen. Der Monarch ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, bestehend aus British Army, Royal Navy und Royal Air Force. Er akkreditiert Botschafter und Hochkommissare und empfängt ausländische Diplomaten. Der Monarch wird als „Quell der Gerechtigkeit“ (fount of justice) bezeichnet. Er ist bei Gerichtsfällen jedoch nicht persönlich anwesend, stattdessen werden alle juristischen Tätigkeiten in seinem Namen ausgeführt. Das Common Law besagt, dass er kein Unrecht begehen kann (can do no wrong) und demzufolge im Falle eines Verbrechens nicht in seinem eigenen Namen angeklagt werden kann. Der Crown Proceedings Act von 1947 erlaubt Zivilklagen gegen den Monarchen in seiner öffentlichen Funktion (das heißt gegen die Regierung). Klagen gegen den Monarchen als Privatperson hingegen können vor Gericht nicht erhoben werden. Der Monarch übt auch das „Hoheitsrecht der Barmherzigkeit“ (prerogative of mercy) aus und kann Begnadigungen aussprechen oder Urteile reduzieren. Als „Quell der Ehre“ (fount of honour) vergibt der Monarch auch alle Ehren und Würden des Vereinigten Königreichs. Die Krone erschafft sämtliche Adelstitel, ernennt alle Mitglieder von Ritterorden, gewährt alle Ritterwürden und andere Ehrungen. Zwar werden Adelstitel und sonstige Ehrungen gemäß dem Rat des Premierministers verliehen, doch gelten einige Ehrungen als persönliches Geschenk des Monarchen. Demzufolge ernennt er in alleiniger Kompetenz die Mitglieder des Hosenbandordens, des Distelordens, des Royal Victorian Order und des Order of Merit. Mit dem Großen Reichssiegel (Great Seal of the Realm) werden wichtige offizielle Dokumente beglaubigt, darunter Adelspatente (letters patent), Proklamationen und Erlasse zur Durchführung von Neuwahlen (writs of election). Das Große Reichssiegel befindet sich in der Obhut des Lordkanzlers. Für Angelegenheiten, die lediglich Schottland oder Nordirland betreffen, werden das Große Siegel Schottlands (Great Seal of Scotland) bzw. das Große Siegel Nordirlands (Great Seal of Northern Ireland) verwendet. Rolle im Commonwealth Der britische Monarch ist nicht nur der Monarch des Vereinigten Königreichs, sondern auch von 15 weiteren Commonwealth Realms. Obwohl seine verfassungsgemäßen Rechte in jedem dieser Länder praktisch identisch mit jenen im Vereinigten Königreich sind, nimmt er dort keine politischen oder zeremoniellen Aufgaben als Staatsoberhaupt wahr. Stattdessen vertritt ihn ein Generalgouverneur. In jedem Land handelt der Generalgouverneur ausschließlich gemäß dem Rat des jeweiligen Premierministers und Kabinetts. Folglich übt auch die Regierung des britischen Königreichs keinerlei Einfluss auf die Politik von Commonwealth Realms aus. Gegenwärtige Commonwealth Realms sind neben dem Vereinigten Königreich folgende Länder: Antigua und Barbuda, Australien, Bahamas, Belize, Grenada, Jamaika, Kanada, Neuseeland, Papua-Neuguinea, Salomonen, St. Lucia, St. Kitts und Nevis, St. Vincent und die Grenadinen sowie Tuvalu. Einst war jeder Mitgliedstaat des Commonwealth of Nations auch ein Commonwealth Realm. Als jedoch Indien 1950 die Republik als Staatsform wählte, blieb das Land trotzdem Mitglied des Commonwealth, obwohl der britische Monarch nicht mehr das Staatsoberhaupt ist. Seither gilt er in allen Mitgliedstaaten als „Oberhaupt des Commonwealth“ (Head of the Commonwealth), sei er nun Staatsoberhaupt oder nicht. Diese Position ist rein zeremonieller Natur und beinhaltet keinerlei politische Macht. Dem britischen Monarchen unterstehen direkt die Kronbesitzungen, die nicht Teil des Vereinigten Königreichs sind. Auf den Kanalinseln trägt er den Titel Duke of Normandy (Herzog der Normandie) und wird in den Vogteien Guernsey und Jersey durch je einen Vizegouverneur (Lieutenant Governor) vertreten. Auf der Isle of Man trägt er den Titel Lord of Mann, die Vertretung übernimmt dort ebenfalls ein Vizegouverneur. Religiöse Rolle Der britische Monarch ist das Oberhaupt (Supreme Governor) der Church of England, der offiziellen Staatskirche Englands. Als solcher besitzt er das Recht zur Ernennung von Erzbischöfen und Bischöfen auf Anraten des Premierministers, der aus einer Namensliste auswählt, die vom Nominationskomitee der Kirche zusammengestellt wird. Die Rolle des Monarchen beschränkt sich auf diejenige des Kirchenpatrons. Der ranghöchste Kleriker, der Erzbischof von Canterbury, ist das spirituelle Oberhaupt der Church of England und von allen weiteren Anglikanischen Kirchen. In der Church of Scotland ist der Monarch ein gewöhnliches Mitglied. Er besitzt allerdings das Recht, den Lordhochkommissar (Lord High Commissioner) der Generalversammlung zu ernennen. In der Church in Wales und in der Church of Ireland hat der Monarch keine formelle Rolle, da beide keine anerkannten Staatskirchen sind. Geschichte Englische Monarchie Auf der Insel Großbritannien gab es bereits vor der römischen Invasion Monarchen; diese keltischen „reges“ (lat. Plural für „Könige“) verbündeten sich mit den Römern oder wurden von diesen unterworfen. Nach dem endgültigen Rückzug der Römer zu Beginn des 5. Jahrhunderts folgten die so genannten dunklen Jahrhunderte, der Übergang der Spätantike ins Frühmittelalter. Einwandernde Angeln, Sachsen und Jüten drängten die keltischen Stämme an die Ränder der Insel. Die zu den Angelsachsen vereinigten Völker gründeten mehrere Königreiche, wobei die sieben mächtigsten als Heptarchie bezeichnet werden. Jedes Königreich hatte einen eigenen Monarchen und zeitweise war einer dieser Könige derart mächtig, dass er die anderen dominierte. Jedoch gab es keine „britische Monarchie“ im heutigen Sinne. Bretwalda war somit eher ein prestigeträchtiger Ehrentitel, mit dem keine eigentliche Macht verbunden war. Nach den Raubzügen der Wikinger und ihrer darauf folgenden Besiedlung stieg das angelsächsische Königreich Wessex im 9. Jahrhundert zum dominierenden englischen Königreich auf. Alfred der Große sicherte die Vormachtstellung von Wessex, erlangte die Kontrolle über das westliche Mercia und nahm den Titel eines „Königs der Engländer“ an. Sein Enkel Æthelstan war der erste, der über ein geeintes Königreich herrschte, dessen Grenzen ungefähr jenen des heutigen England entsprachen, wenn auch die verschiedenen Landesteile eine starke regionale Identität beibehielten. Im 11. Jahrhundert stabilisierte sich England zusehends, trotz verschiedener Kriege mit den Dänen, die eine Generation lang die Herrschaft ausübten. Die Eroberung Englands durch die Normannen im Jahr 1066 war sowohl in politischer als auch in gesellschaftlicher Hinsicht ein bedeutendes Ereignis. William I. setzte die von den Angelsachsen begonnene Zentralisierung fort, während sich das Feudalsystem weiterentwickelte. Auf William I. folgten zwei seiner Söhne, William II. und Henry I. Letzterer traf eine folgenschwere Entscheidung, indem er Matilda, sein einziges überlebendes Kind, zur Thronerbin erklärte. Nach Henrys Tod im Jahr 1135 machte dessen Neffe Stephen seinen Anspruch auf den Thron geltend. Mit der Unterstützung der meisten Barone gelangte er an die Macht. Stephens Herrschaft war jedoch schwach, so dass Matilda ihn herausfordern konnte. England versank in eine Periode des Chaos, die auch als „Die Anarchie“ bekannt ist. Stephen klammerte sich an die Macht, ging allerdings einen Kompromiss ein und akzeptierte Matildas Sohn, den späteren König Henry II., als Thronerben. Dieser wurde 1154 der erste Herrscher des Hauses Plantagenet (auch Haus Anjou genannt). Die Herrschaft der meisten Plantagenet-Könige war geprägt von Unruhen und Konflikten zwischen dem Monarchen und dem Adel. Henry II. sah sich mit Rebellionen seiner eigenen Söhne konfrontiert, den späteren Königen Richard I. „Löwenherz“ und John. Trotzdem gelang es Henry, sein Reich zu erweitern. Hervorzuheben ist die Eroberung von Irland, das vorher aus einer Vielzahl von konkurrierenden Königreichen bestanden hatte. Henry übergab die Insel seinem jüngeren Sohn John, der in der Folge als Lord von Irland herrschte. Nach Henrys Tod folgte sein älterer Sohn Richard auf den Thron, der sich jedoch während fast seiner gesamten Herrschaftszeit außer Landes befand und am dritten Kreuzzug beteiligt war. Auf ihn folgte dessen Bruder John. Johns Herrschaft war geprägt von Auseinandersetzungen mit den Baronen, die ihn 1215 zur Unterzeichnung der Magna Carta drängten, welche die Rechte und Freiheiten des Adels garantierte. Bald darauf führten weitere Auseinandersetzungen zu einem Bürgerkrieg, der als Erster Krieg der Barone bekannt ist. Der Krieg endete abrupt, als John 1216 starb und sein neunjähriger Sohn Henry III. die Nachfolge antrat. Die von Simon de Montfort, 6. Earl of Leicester, angeführten Barone erhoben sich später erneut gegen die Herrschaft des Königs, was zum Zweiten Krieg der Barone führte. Dieser Konflikt endete mit einem klaren Sieg der Royalisten und der Exekution zahlreicher Rebellen. Zuvor hatte der König im Jahr 1265 eingewilligt, das erste Parlament einzuberufen. Edward II. Der nächste Monarch, Edward I., war weitaus erfolgreicher bei der Aufrechterhaltung der königlichen Macht. Er eroberte Wales und dehnte den englischen Einfluss auf Teile von Schottland aus. Sein Nachfolger Edward II. unterlag jedoch 1314 in der Schlacht von Bannockburn, woraufhin die Schotten ihre vollständige Unabhängigkeit erkämpften. Edward II. war auch in Konflikte mit dem Adel verwickelt. Er wurde 1327 von seiner Ehefrau Isabella entmachtet und daraufhin ermordet. Sein Sohn Edward III. erhob Anspruch auf den französischen Thron und löste dadurch den Hundertjährigen Krieg aus. Die Feldzüge von Edward III. waren meist erfolgreich und führten zur Eroberung weiter französischer Gebiete. Unter seiner Herrschaft entwickelte sich auch das Parlament weiter, das sich in zwei Kammern aufteilte. 1377 folgte Richard II., sein damals zehnjähriger Enkel, auf den Thron. Wie zahlreiche seiner Vorgänger war auch er in Konflikte mit dem Adel verwickelt, weil er möglichst viel Macht in einer Hand vereinigen wollte. Als er 1399 einen Feldzug in Irland anführte, riss sein Cousin Henry Bolingbroke die Macht an sich. Richard wurde gefangen genommen und im darauf folgenden Jahr ermordet. Henry Bolingbroke, nun König Henry IV., war der Enkel von Edward III. und Sohn von John of Gaunt. Aus diesem Grund wird seine Dynastie als Haus Lancaster bezeichnet. Während fast seiner gesamten Herrschaft war Henry damit beschäftigt, Verschwörungen aufzudecken und Rebellionen zu bekämpfen. Sein Erfolg ist vor allem auf die militärischen Fähigkeiten seines Sohnes, dem späteren König Henry V., zurückzuführen. Dessen Herrschaft begann 1413 und war weitgehend frei von inneren Konflikten, was es ihm erlaubte, sein Hauptaugenmerk auf den noch immer andauernden Hundertjährigen Krieg zu richten. Er war militärisch erfolgreich, doch starb er 1422 völlig unerwartet, worauf ihm sein Sohn Henry VI., der damals noch ein Kleinkind war, auf den Thron folgte. Dies gab den Franzosen die Möglichkeit, die englische Herrschaft abzuschütteln. Die Unbeliebtheit von Henrys Regenten und seiner kriegerischen Ehefrau Margarete von Anjou, später seine eigene ineffektive Führung, hatten eine Schwächung des Hauses Lancaster zur Folge. Richard Plantagenet, Oberhaupt des Hauses York und Nachkomme von Edward III., machte seinen Anspruch auf den Thron geltend und löste damit die Rosenkriege aus. Obwohl Richard 1460 starb, führte sein Sohn Edward IV. im Jahr 1461 das Haus York zum Sieg. Die Rosenkriege dauerten aber auch noch während der Herrschaft Edwards und seines Bruders Richard III. weiter an. Schließlich endete der Konflikt 1485 mit dem Sieg des Hauses Tudor, einer Seitenlinie des Hauses Lancaster, in der Schlacht von Bosworth. Richard III. wurde in der Schlacht getötet; Henry Tudor bestieg als König Henry VII. den Thron und begründete das Haus Tudor. Das Ende der Rosenkriege bildet einen wichtigen Meilenstein in der Geschichte der englischen Monarchie. Der größte Teil des Adels war entweder auf dem Schlachtfeld gefallen oder hingerichtet worden; viele adlige Besitztümer gingen an das Königshaus verloren. Darüber hinaus zerfiel das Feudalsystem und die von den Baronen kontrollierten Armeen erwiesen sich als überflüssig. Die Tudor-Monarchen konnten ihren absoluten Herrschaftsanspruch durchsetzen und die Konflikte mit dem Adel nahmen ein Ende.[37] Die Macht der Krone erreichte unter der Herrschaft des zweiten Tudor-Königs Henry VIII. ihren Höhepunkt. England wandelte sich von einem schwachen Königreich zu einer europäischen Großmacht. Religiöse Spannungen führten zum Bruch mit dem Papst und der römisch-katholischen Kirche sowie zur Bildung der Church of England.[38] Ein weiterer Meilenstein war die formelle Vereinigung von Wales mit England in den Jahren 1535 bis 1542. Henrys Sohn, der junge Edward VI., führte die Reformation weiter. Sein früher Tod im Jahr 1553 löste eine Thronfolgekrise aus. Er hatte die Machtübernahme seiner katholischen Halbschwester Mary I. verhindern wollen und testamentarisch Jane Grey zu seiner Erbin bestimmt, obwohl noch nie zuvor eine Frau das Land regiert hatte. Ihre Herrschaft dauerte aber lediglich neun Tage. Mary entmachtete Jane Grey mit Unterstützung der öffentlichen Meinung, widerrief die Proklamation zur Königin, ließ ihre Konkurrentin hinrichten und bezeichnete sich als rechtmäßige Thronerbin. Mary wollte mit aller Macht den katholischen Glauben wieder einführen und ließ unzählige Protestanten hinrichten. Nach ihrem Tod im Jahr 1558 übernahm Elizabeth I. den Thron und führte England zum Protestantismus zurück. Unter ihrer Herrschaft stieg England zu einer Weltmacht auf, dank des Siegs im Englisch-Spanischen Krieg, der Zerstörung der Spanischen Armada im Jahr 1588 und der Kolonialisierung von Nordamerika. Wappen und Flagge Royal Standard Royal Standard in Schottland Das Wappen des Vereinigten Königreichs, das gleichzeitig Wappen des Königshauses und Staatswappen ist, existiert in seiner heutigen Form seit der Thronbesteigung von Königin Victoria im Jahr 1837. Es zeigt im ersten und vierten Quadrat drei schreitende goldene Löwen auf rotem Grund (England), im zweiten Quadrat einen roten aufrechten Löwen auf goldenem Grund (Schottland) und im dritten Quadrat eine goldene Harfe auf blauem Grund (Irland bzw. Nordirland). Wappenträger sind der Löwe und das Einhorn. Der Wahlspruch lautet: Dieu et mon droit (französisch für „Gott und mein Recht“). In Schottland verwendet der Monarch ein leicht abgewandeltes Wappen, bei dem das erste und vierte Quadrat Schottland repräsentieren, das zweite Quadrat England und das dritte Quadrat Nordirland. Der Wahlspruch lautet: Nemo me impune lacessit (Latein für „Niemand erzürnt mich ungestraft“). Die Wappenträger sind das Einhorn und der Löwe. Die offizielle Flagge des Monarchen im Vereinigten Königreich ist der Royal Standard, der die Wappen der Teilstaaten zeigt. Der in Schottland verwendete Royal Standard stellt die schottische Version des Königswappens dar. Die Flagge wird nur auf Gebäuden und Fahrzeugen gehisst, in denen sich der Monarch aufhält; ansonsten weht die Union Flag. Der Royal Standard weht niemals auf halbmast, weil es immer einen Monarchen gibt; im Todesfall übernimmt automatisch sein Nachfolger das Amt.
Britische Monarchie