Die
Aufteilung
der
Österreichisch-Ungarischen
Monarchie
gemäß
den
Pariser
Vorortverträgen nach dem Ersten Weltkrieg
Als
der
Reichsrat,
das
Parlament
der
österreichischen
Reichshälfte,
für
den
30.
Mai
1917
nach
mehr
als
drei
Jahren
parlamentsloser
Regierung
wieder
einberufen
wurde,
legten Abgeordnete aus den Kronländern Bekenntnisse zu Nationalstaaten ab:
Die
Polen
Galiziens
wollten
sich
einem
neu
entstehenden
polnischen
Staat
anschließen,
die
Ukrainer
Galiziens
keinesfalls
unter
polnische
Herrschaft
gelangen.
Die
Tschechen
strebten
einen
tschechoslowakischen
Staat
an,
die
Slowenen
und
Kroaten wollten mit den Serben einen südslawischen Staat bilden.
Die
Deutschböhmen
und
Deutschmährer
wollten
das
von
den
Tschechen
beschworene
frühere
böhmische
Staatsrecht
nicht
anerkennen,
da
sie
befürchteten,
in
den
Ländern
der böhmischen Krone als Minderheit unter tschechische Herrschaft zu geraten.
In
Ungarn
konnten
sich
die
nichtmagyarischen
Nationalitäten
kaum
artikulieren,
da
sie
im
Budapester
Reichstag
auf
Grund
des
minderheitenfeindlichen
ungarischen
Wahlrechts
kaum
vertreten waren und alle anderen Äußerungen der Kriegszensur unterlagen. Slowaken, Rumänen und Kroaten sahen aber wenig Anlass, weiterhin unter magyarischer Oberhoheit zu leben.
Ein
Ausweg
aus
dieser
rechtlich
und
politisch
verfahrenen
Situation
ließ
sich
im
Krieg
ebenso
wenig
finden
wie
vor
1914.
Am
16.
Oktober
1918
erließ
Karl
I.
auf
Vorschlag
der
kaiserlich-
königlichen
Regierung
unter
Hussarek-Heinlein
für
Cisleithanien
das
Völkermanifest.
Dieses
Manifest
sollte
den
Anstoß
dazu
geben,
die
österreichische
Reichshälfte
unter
der
Schirmherrschaft des Kaisers in eine Konföderation freier Völker umzuwandeln. Die Nationalitäten Österreichs wurden dazu aufgerufen, eigene Nationalräte (Volksvertretungen) zu bilden.
Die
ungarische
Regierung
Wekerle,
welche
die
Lage
gründlich
verkannte,
lehnte
das
Manifest
strikt
ab;
sie
kündigte
hingegen
am
18.
Oktober
mit
Zustimmung
von
König
Karl
IV.
an,
im
Reichstag
einen
Gesetzesvorschlag
über
die
Personalunion
mit
Österreich
einzubringen.
Die
seit
dem
Ausgleich
von
1867
bestehende
Realunion
sollte
damit
beendet
werden;
die
Magyaren
wollten
jede
politische
Verbindung
mit
Österreich
auflösen.
Die
Nationalitätenfragen
Österreichs
ließen
sich
jedoch
nicht
von
denen
Ungarns
trennen:
Die
Kroaten
im
österreichischen
Dalmatien wollten den südslawischen Staat mit den Kroaten des ungarischen Kroatien gründen, die österreichischen Tschechen die Tschechoslowakei mit den ungarischen Slowaken.
Der
mit
dem
Manifest
unternommene
Versuch,
die
Neuordnung
der
k.
u.
k.
Monarchie
unter
wenigstens
nomineller
Führung
durch
das
Haus
Habsburg-Lothringen
zu
ermöglichen,
musste
somit fehlschlagen. Nationale Wünsche waren weitaus stärker als verbliebene Reste dynastischer Loyalität.
Am
21.
Oktober
1918
bildeten
die
deutschen
Abgeordneten
des
Reichsrates
unter
Bezugnahme
auf
das
Manifest
des
Kaisers
die
Provisorische
Nationalversammlung
für
Deutschösterreich.
Am
30.
Oktober
gab
die
Nationalversammlung
unter
Vorsitz
von
Karl
Seitz
ihrem
20-köpfigen
Vollzugsausschuss
den
Namen
Staatsrat
(Vorsitz:
ebenfalls
Seitz;
Staatskanzler:
Karl
Renner),
der die 14 Ressortchefs umfassende Staatsregierung Renner I berief, welche die Staatsämter (die späteren Ministerien) leitete.
Am
28.
Oktober
1918
übernahmen
die
Tschechen
in
Prag
von
den
bisherigen
k.
k.
Behörden
unblutig
die
Macht
und
riefen
die
Tschechoslowakische
Republik
aus;
Mitglieder
des
Tschechoslowakischen Nationalausschusses übernahmen die Leitung der Statthalterei, der Landesverwaltungskommission, der Polizei und der Kriegsgetreideverkehrsanstalt.
Slowenen
und
Kroaten
wurden
ab
29.
Oktober
Mitgründer
des
neuen
südslawischen
Staates.
In
Siebenbürgen
übernahm
Rumänien
die
Macht
(Ungarisch-Rumänischer
Krieg).
Die
ungarische Regierung kündigte per 31. Oktober 1918 die Realunion mit Österreich auf, womit Österreich-Ungarn aufgelöst war.
Der
gemeinsame
Außenminister
Gyula
Andrássy
der
Jüngere
trat
am
2.
November
zurück,
der
gemeinsame
Finanzminister
Alexander
Spitzmüller
am
4.
November
1918.
Der
gemeinsame
Kriegsminister
Rudolf
Stöger-Steiner
von
Steinstätten
wirkte
nach
dem
11.
November
1918
unter
der
Aufsicht
des
deutschösterreichischen
Staatsrates
noch
an
der
Liquidierung
des
k.
u.
k.
Kriegsministeriums mit.
Am
11.
November
1918
wurde
Karl
I.
(der
schon
eine
Woche
vorher
von
einzelnen
Medien
als
„der
ehemalige
Kaiser“
bezeichnet
wurde)
von
den
republikanisch
gesinnten
deutsch-
österreichischen
Spitzenpolitikern
und
seiner
letzten
k.
k.
Regierung
dazu
bewogen,
auf
„jeden
Anteil
an
den
Staatsgeschäften“
zu
verzichten;
die
förmliche
Abdankung
hatte
er
abgelehnt.
Am
selben
Tag
entließ
der
Kaiser
die
funktionslos
gewordene
k.
k.
Regierung
von
Ministerpräsident
Heinrich
Lammasch
(sie
war
schon
am
26.
Oktober
als
„Liquidationsministerium“
bezeichnet
worden).
Am
12.
November
1918
fand
in
Wien
die
letzte
Reichsratssitzung
statt,
am
selben
Tag
rief
die
Provisorische
Nationalversammlung
für
Deutschösterreich
die
Republik
aus.
Am
13.
November
leistete
der
letzte
Habsburger-Monarch
als
König
Karl
IV.
von
Ungarn
den
gleichen
Verzicht.
Ungarn
wurde
drei
Tage
später
vorübergehend
Republik
und
blieb
danach Königreich ohne König.
In
zwei
Verträgen
–
Vertrag
von
Saint-Germain
1919
mit
Österreich
und
Vertrag
von
Trianon
1920
mit
Ungarn
–
wurden
Gebietsabtretungen
und
Grenzen
der
Nachfolgestaaten
der
Doppelmonarchie offiziell festgelegt.
Die
Verträge
bestätigten
die
völkerrechtliche
Anerkennung
der
neuen
Staaten
Ungarn,
Polen,
Tschechoslowakei,
Königreich
der
Serben,
Kroaten
und
Slowenen
(SHS-Staat,
ab
1929
Königreich
Jugoslawien)
sowie
Gebietsabtretungen
an
Italien
und
Rumänien.
Deutschösterreich
wurde
der
Anschluss
an
die
neue
deutsche
Republik
verboten.
Im
Vertrag
wurde
der
Begriff
„Deutsch“
im
Staatsnamen
bewusst
nicht
verwendet:
Der
Vertrag
wurde
daher
mit
der
„Republik
Österreich“
geschlossen,
der
bis
dahin
geführte
Staatsname
„Deutschösterreich“
erschien
nicht
mehr.
Ungarn
musste
zugunsten
der
Tschechoslowakei,
Rumäniens,
des
Königreichs
der
Serben,
Kroaten
und
Slowenen
sowie
Österreichs
auf
zwei
Drittel
des
bisherigen
Staatsgebietes verzichten und die Habsburger entthronen.
Welche
Staaten
nun
im
völkerrechtlichen
Sinne
als
Nachfolgestaaten
Österreich-Ungarns
gelten,
ist
in
der
Fachliteratur
oft
widersprüchlich
dargestellt.
So
schreibt
das
Wörterbuch
des
Völkerrechts
einzig
Deutschösterreich,
Ungarn,
der
Tschechoslowakei
und
dem
SHS-Staat
zu,
Sukzessionsstaaten
der
untergegangenen
Österreichisch-Ungarischen
Monarchie
zu
sein,
während
Rumänien,
Polen
und
Italien,
die
in
anderen
Quellen
ebenfalls
als
Nachfolgestaaten
bezeichnet
werden,
wegen
ihrer
vorher
schon
vorhandenen
Staatlichkeit
nicht
dazu
gezählt
werden.
Die
vielen
Irredentisten,
die
schließlich
zur
Auflösung
der
Monarchie
führten,
waren
nach
Mark
Cornwall
letztlich
erfolgreich,
weil
es
die
Habsburger
verabsäumt
hatten,
ihr
„eigenes
Haus
in Ordnung zu halten“.
Ende der Doppelmonarchie